Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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Krankenhaus bauen lassen, die jedoch lediglich zur Pflege ihrer italienischen Lands- 
leute bestimmt waren. In den Dienst dieses Krankenhauses traten nun auch Ritter 
ein, und so entstand hier der erste Ritterorden. Die Brüder dieses Ordens nannten 
sich später Johanniter, da sie Johannes den Täufer zu ihrem Schutzpatron erwählt 
hatten. Sie teilten sich in drei Klassen: die Ritter, die die Pilger geleiteten, die 
Geistlichen, die den Gottesdienst abhielten, und die dienenden Brüder, die 
die Kranken pflegten. Alle mußten das Gelübde der Armut, der Ehelosigkeit und 
des Gehorsams ablegen. Ihre Ordenstracht bestand aus schwarzem Mantel mit 
weißem Kreuze. An der Spitze des Ordens stand der Großmeister. 2. Der Orden 
der Templer oder Tempelherren. Er wurde 1118 von neun französischen Rittern 
gegründet. Ihr Ordenshaus lag neben dem Platze, wo einst der salomonische Tempel 
stand, daher der Name „Templer". Sie trugen einen weißen Mantel mit rotem 
Kreuz. 3. Der Deutsche Orden. Er wurde in dem Kreuzzuge, den Barbarossa 
unternahm, gegründet. Seine Ordenstracht war ein weißer Mantel mit schwarzem 
Kreuze. Schwarz und weiß wurden später die preußischen Landesfarben. (S. 92.) 
6. Ritterliche Dichtung. Viele Ritter widmeten sich im Mittelalter auch der edeln 
Dicht= und Sangeskunst. Sie sangen vom Frühlinge, vom Heldentum und von der 
Minne. Darum nannte man sie Minnesänger. Oft zogen sie von Burg zu Burg und 
trugen selbst ihre Lieder vor, die später aufgeschrieben und gesammelt wurden. Ihnen 
verdanken wir das Nibelungen- und das Gudrunlied. Die bedeutendsten Dichter unter 
ihnen waren Walter von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach. 
7. Entartung des Ritterwesens. Die Kampflust der Ritter artete in der Folge 
dielfach in Rauflust aus. Dazu kam noch, daß viele von ihnen durch Verschwendung 
verarmten, während die Bürger in den Städten wohlhabend und reich wurden. 
Sich durch ein bürgerliches Gewerbe den Unterhalt zu suchen, hielt der Ritter nicht 
für ehrenhaft. Er wurde daher ein „Wegelagerer", „Heckenreiter“, „Schnapp- 
hahn“, „Taschenklopfer" oder wie sonst noch das Volk mit bitterem Scherz den Raub- 
ritter nannte. Der Ritter aber sagte: „Reiten und Rauben ist keine Schande, das 
tun die Besten im Lande.“ Von ihren festen Burgen aus fielen die Raubritter 
mit ihren Knechten über die Reisenden her, plünderten die Wagen der vorüber- 
ziehenden Kaufleute und führten diese selbst in das Burgverlies, aus dem sie nur 
gegen ein hohes Lösegeld entlassen wurden. Traf das Lösegeld nicht ein, so lagen 
die Elenden in dem Turme auf faulem Heu und Stroh und in bitterer Kälte oft 
so lange, bis ihnen die Beine abfaulten. Zuweilen ließ man ihnen auch eine Hand 
abhauen. Alles das ging den Rittern ungestraft hin. Die Ufer des Rheins u. a. 
Flüsse hatten sie dicht mit Burgen besetzt, und jedes vorüberfahrende Schiff mußte 
ihnen einen Zoll zahlen, wenn es nicht ausgeplündert werden wollte. Auch der 
Landmann hatte viel von ihnen zu erdulden. Sie entführten ihm nicht selten sein 
Vieh von der Weide oder aus dem Stalle, mähten ihm in der Nacht das Getreide 
ab, nahmen ihm sein Hausgerät und steckten dann noch seine Hütte in Brand. Das 
nannten sie „auspochen". Händeringend sah der Bauer ihrem wüsten Treiben 
zu; denn Recht wußte er nirgends zu finden. 
7. Die Beliedelung des Ostens. 
1. Slawen. In der Völkerwanderung hatten die Germanen die Gegenden 
rechts von der Elbe und Saale aufgegeben. Still und ohne Kampf waren dann
	        
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