I .-48.-
Daher erschien er nicht bei der Krönung, verweigerte auch dem „armen Grafen“
den Eid der Treue. Das bewog Rudolf, gegen ihn den Reichskrieg zu eröffnen.
Ohne Widerstand drang er in Osterreich ein. Ottokar unterwarf sich. Er erschien,
um Rudolf zu huldigen, mit ungeheurer Pracht; denn er wollte den „armen“ König
beschämen. Rudolf aber sagte: „Einst hat Ottokar über meinen grauen Rock ge-
lacht; jetzt soll mein Rock über ihn lachen,“ und empfing den stolzen Böhmenkönig,
angetan mit einem grauen Wams, auf einem Schemel sitzend. Diese Demütigung
ertrug Ottokar nicht lange. Er griff zu den Waffen. Auf dem Marchfelde kam
es zur Schlacht. Beide Fürsten nahmen persönlich am Kampfe teil. Als Ottokars
Scharen zu weichen begannen, kämpfte er mit dem Mute der Verzweiflung. Bald
aber fiel er, aus vielen Wunden blutend und seines Pferdes beraubt, in die Hände
von Rudolfs Rittern, von denen einer ihn mit den Worten niederschlug: „Das ist
der Mann, der meinen Bruder getötet hat.“ Von den Ländern Ottokars blieben
Böhmen und Mähren seinem Sohne. Kärnten fiel an Tirol. Osterreich, Steiermark
und Krain gab Rudolf seinen eigenen Söhnen und wurde dadurch der Gründer
der habsburgischen Hausmacht. Er vergrößerte sie noch dadurch, daß er seine
sechs Töchter und drei Söhne mit länderreichen Fürsten und Fürstinnen verheiratete.
4. Rudolf stellt Ordnung her. Rudolfs größte Sorge war, Ruhe und Ordnung
im Lande herzustellen. Zu jener Zeit focht ein Ritter, wenn er mit einem anderen
Ritter oder einer Stadt Streit hatte, seine Sache selbst aus. So waren denn hin
und her im Lande zahlreiche Kämpfe. Rudolf erließ ein Gesetz über den Land-
frieden. Wer geschädigt war, sollte vor dem Richter Klage erheben. Wurde ihm
sein Recht nicht zuteil, so konnte er sich selbst helfen, mußte aber drei Tage vorher
Fehde ansagen. Besonders streng verfuhr Rudolf gegen die Raubritter. In Thü-
ringen allein ließ er 29 hinrichten und 66 ihrer Burgen abbrechen. Auch am Rhein
zerstörte er 70 Raubburgen. „Keinen halte ich für adelig,“ sagte er, „der vom Raub
und unehrlicher Hantierung lebt.“ Rudolf hatte sich durch seine Bemühungen um
den Landfrieden den Dank der Städte erworben. Er verlor aber diese Gunst, als
er sich genötigt sah, hohe Steuern zu fordern. Es kam an manchen Orten sogar
zu Aufständen, und Rudolf mußte sich begnügen, von Jahr zu Jahr mit jeder einzelnen
Stadt über die Abgaben zu verhandeln. — oͤft saß er persönlich zu Gericht, und
Gehör gewährte er jedermann. Als seine Diener einst einen armen Mann abweisen
wollten, sagte er: „Bin ich denn König geworden, daß ihr mich vor den Menschen
einschließt?“
5. Rudolfs Einfachheit, Leutseligkeit und Redlichkeit. Rudolf war sehr
einfach in seiner Lebensweise. Dies gab sich auch in seiner Kleidung kund. Ge-
wöhnlich trug er ein graues Wams, das er sich im Kriege auch wohl selber flickte.
Mit seinen Soldaten teilte er alle Mühen und Gefahren. Als es den Soldaten
einstmals an Lebensmitteln fehlte, zog er sich, um ihnen Mut zu machen, mit eigener
Hand eine Rübe aus dem Felde, schabte sie und ließ sie sich wohlschmecken. — Gegen
jedermann war er freundlich und wohlwollend, und als ihm einmal gesagt wurde,
er sei oft allzu gütig, entgegnete er: „Es hat mich schon oft gereut, daß ich zu streng
warz nie aber wird es mich gereuen, daß ich zu gut gewesen bin.“ Für Hilfsbedürftige
hatte er stets eine offene Hand, und wie sehr er auf Treue und Redlichkeit hielt,
bezeugte das noch lange im Volke lebende Sprichwort: „Der hat Rudolfs Redlich-
keit nicht!“