Der Odenwald. 41
Noch ein anderer Zweig der Industrie im Odenwald, der
sich auf die Wasserkraft stützte, ist teilweise seit Einführung der
Kohlen zum Erliegen gekommen, die Müllerei. Manche Täler
des Odenwalds sind von früher her so dicht mit Mühlen besetzt,
daß eines, das Modautal zwischen Nieder-Ramstadt und Eber-
stadt, geradezu den Namen „Mühltal“ führt. Ein Teil der Ge-
treidemühlen hat den Betrieb dadurch aufrechterhalten, daß
sie zur Dampfmühle übergingen, außerdem sind noch genug
Wassermühlen übriggeblieben; ein kleiner Teil davon, der im
unteren Mümlingtalbei Höchst und Neustadt liegt, sind Schwer-
spatmühlen, die, auf die vielen Schwerspatgänge zwischen Groß-
Umstadt und Kainsbach begründet, früher in erheblich größerer
Zahl vorhanden waren und hauptsächlich Verfälschungsmittel
für Mehl, Zucker und Bleiweiß lieferten. Die Abnahme dieser
Verfälschung hat ihre Zahl zurückgeschnitten und zugleich den
Schwerspatbergbau fast aufhören lassen.
Als eigener Industriezweig ist noch die im Hungerjahr 1817
auf Veranlassung des Grafen von Erbach aus Geislingen in
der Umgegend Erbachs eingeführte Elfenbein= und Knochen-
schnitzerei zu erwähnen, die als Hausindustrie betrieben wird.
Leider ist ihr Erträgnis starken Preisschwankungen durch die
Mode unterworfen, so daß sie auf die Dauer kaum größerer
Ausdehnung fähig sein wird, wenn auch die Regierung zu ihrer
Unterstützung und Anregung eine Fachschule dafür in Erbach
neuerdings errichtet hat. Zu dem Kunstgewerbe sind dann
noch die Erzeugnisse der Urberacher Töpferei zu rechnen, die
im Hügelland des Rotliegenden am Nordrand des Odenwalds
ihren Sitz hat und besonders seit dem Aufblühen der neuen
Darmstädter Kunstrichtung, der sie sich angeschlossen hat, wei-
tere Verbreitung und damit Aufschwung erfuhr.
Von sonstigen Industriezweigen sind nur noch Gerbereien
und die Zigarrenfabriken des Mümlingtals zu nennen, die eine
erheblichere Rolle spielen.