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Großen Garten aus, nur bis zu einem schmalen, geschaufelten Fuß-
wege zu gelangen; den benutzte die Kronprinzessin. Sie kam mit
völlig durchnäßten Schuhen an und borgte sich ein Paar Strümpfe
und ein Paar Filzstiefel von einer Pflegerin. Es war aber der
Kronprinzessin auch die Ankunft eines sächsischen Sanitätszuges
gemeldet, bei dessen Anlangen sie anwesend zu sein wünschte.
Sie entschloß sich, in den Filzbabuschen den Weg nach dem
Wagen und dem Bahnhof anzutreten. Der bekannte und von
der Kronprinzessin hochgeschätzte Arzt, Geheimrat Walther, ver-
sicherte ihr am nächsten Tage, die auf dem Bahnhof Anwesenden
wären äußerst erstaunt gewesen über diese neueste Mode in Winter-
fußbekleidung.
Die Kronprinzessin besuchte wiederholt die auswärtigen
Lazarette in Leipzig, Wurzen, Großenhain, Zittau, Bautzen,
Chemnitz, um sie eingehend zu besichtigen und die Verwundeten
zu erfreuen. Einige Verwundete hatte sie unter ihre besondere
Obhut genommen, für sie ein kleines Lazarett in Strehlen ein-
gerichtet und noch jahrelang ist sie mit ihnen in Verbindung ge-
blieben, hat ihren ferneren Schicksalen stete Teilnahme geschenkt
und fortgesetzt Hilfe geleistet, vo sie notwendig war. Noch nach
Jahren arbeitete sie kleine Gegenstände für das neugeborene Kind
eines Südfranzosen, eines ihrer Pfleglinge, für dessen Fortkommen
sie sich selbst bei den französischen Behörden verwendet hatte.
Nach dem beispiellosen Erfolge von Sedan war die Ansicht
vorherrschend, daß der Krieg in kurzer Zeit zu Ende sein werde.
Frankreich gebot aber über großartige Hilfsquellen und verwendete
sie mit außerordentlicher Thatkraft zum Kampfe bis aufs äußerste.
Der Kronprinz lag mit seiner Armee noch vor Paris, als das