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Park umgeben. Hier waltete das sächsische Kronprinzenpaar mit
immer gleicher persönlicher Huld und übte seinen Zauber nicht
nur auf die unmittelbare Umgebung, sondern auf alle aus, denen
vergönnt war, im Hauptquartier zu verkehren. Mancher hatte
der Umwandlung des Kriegslagers in ein Hoflager mit einiger
Besorgnis entgegengesehen, fühlte sich aber bald wohl und glück—
lich in der Umgebung der Kronprinzessin. Sie erschien bei dem
gemeinschaftlichen zweiten Frühstück um 12 Uhr und bei der
Hauptmahlzeit um 6 oder 7 Uhr und regte einen heiteren, fröh-
lichen Ton an. Der Nachmittag wurde zu kleineren und größeren
Ausflügen, bald zu Pferde, bald zu Wagen, benutzt. Den Abend
verbrachten die Herrschaften im Kreise ihrer Umgebung, wobei
die gesellige Unterhaltung in ungezwungener Weise gepflegt wurde.
Die Umgegend von Compiegne, namentlich der herrliche,
über 14,000 ha große, mit prächtigen Buchen und Eichen be-
standene, von sternförmig angeordneten Wegen durchzogene Wald,
bot die mannigfaltigste Gelegenheit zu Partien, deren Reiz durch
das schöne Frühjahrswetter erhöht wurde. Wiederholt ließ die
Kronprinzessin die Frühstückstafel im Walde decken, an Plätzen,
die ihr auf Ritten besonders einladend zu einer partie cham-
pétre erschienen waren. Sie gestattete dabei den heitersten, un-
gezwungensten Ton. Die Gesellschaft lagerte sich unter den
schönen, hochgewölbten Buchen. Die weißen Stämme waren von
Epheu umrankt, auf dem weichen, saftiggrünen Boden blühten
und dufteten unzählige Maiblumen und blaue Hyazinthen, in
den Zweigen schmetterten die Nachtigallen und überboten die
fröhlichen Stimmen der jungen Offiziere. Mit Vorliebe fuhr
die Kronprinzeß nach dem 14 km von Compiegne an der