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ist, bringen eine Morgenmusik. Den Hauptteil der Feier bildet
die Parade über die verstärkte Dresdner Garnison auf dem
Alaunplatze. Die Königin wohnt ihr zu Wagen bei. Die zu
einem Volksfeste gewordene Parade ist ein hervorragend schönes
militärisches Schauspiel. Der eng umschlossene Platz, die präch-
tigen, glänzenden Truppen, der bewaldete Hintergrund mit der
schloßähnlichen, im Flaggenschmucke prangenden Schützenkaserne
geben ein heiteres und belebtes Bild. In den letzten Jahren
überraschte meist der Kaiser das Königspaar mit seinen persön-
lichen Glückwünschen. Es findet Familientafel statt, und abends
beehren die hohen Herrschaften die bei dem repräsentierenden
Minister versammelte zahlreiche Gesellschaft mit ihrer Gegenwart.
Wenn die Sonne beginnt, ihre goldenen Strahlen heißer in
das Elbthal zu senden, begab sich das Königspaar bis etwa zum
Jahre 1884 auf kürzere Zeit nach dem dann noch in Frühlings-
schmuck gekleideten Rehefeld. Im Erzgebirge, im oberen Thale
der Wilden Weißeritz, dicht an der böhmischen Grenze liegt das
freundliche Jagdhaus. Man erreicht es nach kurzer Zeit auf der
von dem Eisenbahnhaltepunkte Hermsdorf dahin führenden guten
Straße. Wo diese, der „Hemmschuh“, zu fallen beginnt, öffnet
sich der Wald, und unten am Hange der jenseitigen Thalwand
liegt, ein echtes Gebirgsbild, das erkergeschmückte Jagdhaus und
daneben, an die Bergkirchen des Südens erinnernd, die kleine
Kapelle mit ihrem Holztürmchen. Den Hintergrund bildet der
dunkle, mächtige, schier endlos sich dehnende Nadelwald. Er
überragt und beschattet Haus und Kapelle, grüßt in die Fenster
hinein, sein Rauschen nur unterbricht die Stille des Thales. Vor
dem Hause breitet sich, erst zur Thalsohle sich senkend, dann