— 145
welches sich mächtig über die waldige, teichreiche Gegend erhebt
und in seinen inneren Räumen zahllose, an die Pracht früherer
Jahrhunderte erinnernde Gegenstände birgt. Die Jagdtafel wird
in dem durch zwei Etagen reichenden weißen Prunksaale gerichtet,
dessen Wände 72 auf künstlich aus Holz geformten Hirschköpfen
befindliche natürliche Geweihe schmücken, keines unter 24, einzelne
von 32, 36 bis zu 50 Enden. Wunderbare, unschätzbare, sämtlich
von Meisterhand gearbeitete Trinkgefäße zieren die in hellem
Kerzenglanze erstrahlende Tafel. Auf der Moritzburg ist mancher
Tropfen aus den kostbaren Trink= und Willkommenpokalen ge-
trunken worden. Der Hauptpokal aber, der seit den ältesten
Zeiten zum Willkommentrinken vorzugsweise in Gebrauch ge-
nommen wurde und in welchem noch heutigen Tages jedem das
Schloß Moritzburg zum ersten Male besuchenden Gaste unseres
Königshauses der übliche Willkommentrunk gereicht wird, ist von
der Natur selbst geformt. Die auf der rechten Stange eines
prachtvollen Hirschgeweihes von 36 Enden befindliche Krone
bildet einen natürlichen Becher, dessen zackiger Rand das Trinken
erschwert und, soll der Wein nicht verschüttet werden, es nur auf
eine besonders geschickte Weise geschehen läßt. Dieser natürliche
Pokal wird in den über das Willkommentrinken geführten Re-
gistern „das Geweih“ oder „die Hirschstange“ genannt. Diese
Register, in die jeder Gast des Jagdschlosses, dem die Ehre
zu teil wurde, einen oder mehrere Willkommen leeren zu dürfen,
seinen Namen einzutragen gehalten war, gewähren mit den ver-
schiedenen Gedenksprüchen und anderen Angaben, welche sie ent-
halten, ein anschauliches Bild früherer Zeiten. Seit Mitte des
18. Jahrhunderts wurde beim Willkommentrinken nur der Name
Königin Carola. 10