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platz war immer belebt, besonders an den Tagen, wo die Musik
spielte. Von dem Lido aus erschloß sich ein herrlicher Blick
auf das Meer, das die Farbe eines Türkises hatte und von den
weißen Segeln der Schiffe belebt war. Die Prinzessin unter-
hielt es, eine Anzahl Muscheln am Strande aufzuheben. Sie
kannte nichts Angenehmeres als, von Bewegung und Hitze er-
schöpft, sich bei erfrischendem Luftzuge in einer Gondel schaukeln
zu lassen. Herzlich lachte die Prinzessin über den Irrtum eines
alten italienischen Herrn, der, ein großer Kunstkenner, die Prin-
zessin überall herumführte, aber nur unvollkommen französisch
sprach und bei einem Gespräche über den Kaiser von Osterreich
sagte: „II est surtout ravissant, lorsque une petite souris
(un petit scurire) lui passe sur la figure.“ Der Aufenthalt
in Venedig dauerte bis in den Mai, dann wurde wieder nach
Meran übergesiedelt.
Meran war im Sommer und Herbst 1850 sehr besucht.
Erzherzog Rainer, Vicekönig des lombardisch-venetianischen König-
reichs, hatte mit seiner Familie dort Aufenthalt genommen. Die
Vicekönigin, Erzherzogin Elisabeth, war sehr liebenswürdig und
voll Verstand. Sie empfing selten Besuch, doch Prinzessin Carola=
war öfter bei ihr, meistens drei Stunden, und die Vicekönigin
wußte während dieser langen Zeit die Unterhaltung stets ange-
nehm und interessant zu gestalten. Die Prinzessin nahm Unter-
richt im Olmalen, was sie sehr gut unterhielt; es beschäftigte
sie täglich 4 bis 5 Stunden, und obgleich sie hier erst anfing
und, wie sie sagte, noch sehr schlecht schmierte, trennte sie sich
nur schwer von ihrer Staffelei. Sie malte viel im Freien. Der
unterrichtende Künstler, Herr Neelmayer, las ihr und Fräulein