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etwas Heimweh, doch sie tröstete sich mit dem schönen Gedanken,
im Oktober auf einige Zeit nach Morawetz zu gehen. Prinz und
Prinzeß Albert waren sehr viel am Hoflager in Pillnitz, wo
ziemlich viel Etikette herrschte und noch mehr Hang an Gewohn—
heiten. Um 8 Uhr war dort gemeinschaftliches Frühstück, dann
blieb man beisammen bis ½10; um 3 Uhr war großes Diner,
nachher Cercle, dann allgemeine Promenade, der sich Thee und
Souper anschloß. Die Herren spielten Billard, und die Damen
arbeiteten. Die große Regelmäßigkeit konnte mitunter etwas an
Langweile streisfen. Die Prinzessin war nicht von Jugend auf
gewöhnt, an einem Hofe zu leben, und liebte die Freiheit. Sie
bemühte sich, ihre Individualität zu erhalten, ohne sich mit den
anderen in Widerspruch zu setzen.
Mit der Leitung der prinzlichen Hofhaltung war der
persönliche Adjutant des Prinzen Albert, Major Adolf Senfft
von Pilsach, beauftragt, unter dessen Aufsicht der Haushalt, trotz
der keineswegs ansehnlichen Mittel, in vortrefflichem Stande er-
halten wurde. Überhaupt war Major von Senfft ein Mann
von seltener Hingebung für sein schwieriges Amt, der das In-
teresse seines Herrn unter Beobachtung der zartesten Rücksichten
und Formen nach allen Seiten hin zu wahren verstand. Er
war mit ganzem Herzen Soldat und ging auf die Anerbieten, in
Hofdienste zu treten oder die Stellung des Theater-Intendanten
zu übernehmen, nicht ein. Die hohen Herrschaften sind ihm stets
sehr gnädig gesinnt geblieben; alljährlich wurde er zum Ver-
lobungstage, am 5. Dezember, zur Tafel befohlen. Wer später
den tapferen, charaktervollen und liebenswürdigen alten Herrn
gekannt, dem wird er die Erinnerung als an einen echten Edel-
Königin Carola. 4