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Reise nahm die Kronprinzeß im September einen längeren Aufent—
halt in Baden-Baden.
Während der Schweizreise hatten in Frankfurt die Ver—
handlungen des Fürstentages stattgefunden. Ernster gestaltete
sich nach mehr als zehn Friedensjahren die Lage in Deutschland.
Die Kronprinzeß war keine politische Frau, wenn sie auch an allen
ihr liebes Sachsen betreffenden Angelegenheiten regen Anteil
nahm. Ihre Logik war die einer edlen Frau, die stets das Gute
will. Sie stand auf der Seite des Friedens und der Gerechtig—
keit. Es wurde ihr zuweilen schwer zu verstehen, daß das po—
litische Recht ein anderes ist als das Gerechtigkeitsgefühl, welches
eine edle Frau im Herzen trägt. Sie stand 1859 auf der Seite
Osterreichs, als sich dieses durch die Herausforderung Napoleons
zum Kriege gedrängt sah, Sachsen sich kriegsbereit machte, der
Kronprinz als Befehlshaber für das IX. deutsche Bundesarmee-
korps ausersehen war und zur Vervollständigung seines Stabes
Offiziere aus Kassel und Wiesbaden eintrafen. Die Hoffnung,
für Großdeutschlands Recht, Macht und Ehre in den Kampf zu
ziehen, ging nicht in Erfüllung.
Nach Beendigung des italienischen Krieges begann die Lage
in Deutschland gespannter zu werden. Die durch die schleswig-
holsteinische Frage entstehenden Verwicklungen griffen in die po-
litische Thätigkeit der einzelnen Bundesstaaten ein. Sachsen
wurde veranlaßt, einen Teil seiner Armee nach Holstein zu senden.
Der Kronprinz besichtigte die Truppen vor ihrem Abtransport,
am 14. Dezember 1863 nachmittags die drei Bataillone der
1. Infanteriebrigade „Kronprinz“. Auch die Kronprinzeß winkte
im Wagen den abmarschierenden Truppen ihr Lebewohl zu. Die