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die große Freude, daß am 25. Mai dem Prinzen Georg der
erste Sohn geboren wurde.
Große Festtafel war in Pillnitz am 7. Juni zur Erinnerung
an die vor 50 Jahren erfolgte Rückkehr des Königs Friedrich
August aus der Gefangenschaft. König Johann brachte einen
doppelten Trinkspruch aus. Der erste Trunk war der Erinnerung
geweiht an Friedrich August den Gerechten und die Männer, die
treu und fest zu ihm standen in den Tagen der Not. „Auf ihr
Andenken!“ Der zweite Trunk galt dem schönen Vaterlande und
seinem ferneren Gedeihen, unerschütterlich begründet durch gegen
seitige Liebe, Treue und Vertrauen zwischen Fürst und Volk.
„Das teure Vaterland, es lebe hoch!“ Es lag bereits in der
Luft, daß ernste Zeiten bevorstanden.
Die kronprinzlichen Herrschaften reisten Mitte Juli nach
Tirol. Das Ziel war Tarasp. Die Kronprinzeß gebrauchte
dort im Anschlusse an die Reise eine Kur. Der Weg führte
über München, mit Nachtquartier bei Herzog Max, Possenhofen,
wo die vom Kronprinzen hochverehrte Tante Herzogin Ludovica
in Bayern residierte, Partenkirchen, Innsbruck und Bozen. Auf
der Eibsee-Insel interessierte sich die Kronprinzeß sehr für die
Flora. Das Alpenland Tirol mit seinen wasserreichen Flüssen,
tiefblauen Seen, tosenden Wasserstürzen, himmelanstrebenden Eis-
zinnen, schroffen Felswänden, engen Schluchten, seinen blumen-
bedeckten Matten und fruchtbaren Auen erfrischte den Geist,
erfreute das Herz und erhob das Gemüt. Der Genuß ganz
entgegengesetzter Vegetationsbilder zwischen den Gipfeln des
Hochgebirges und der Thalsohle, zwischen dem pflanzenarmen,
rauhen Nord des Gebirges und dem warmen Süd des