Full text: Aus dem Leben der Königin Carola von Sachsen.

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über 2 Million Einwohner zählende Königreich bildete ein viel 
mehr in sich abgeschlossenes Gebiet als jetzt. Es fand zwar eine 
rasche Weiterentwickelung der Eisenbahnen in diesen Jahren statt, 
doch beherrschten Dampf und Elektrizität noch nicht die Welt. 
Der große soziale Kampf im Volke war noch nicht entbrannt; 
die Sachsen waren ruhig, zufrieden, wohlhabend und erfreuten 
sich des milden und gerechten Regiments ihres angestammten 
Fürstenhauses. 
Dresdens Einwohnerzahl überschritt Ende der fünfziger Jahre 
das erste Hunderttausend, während sie sich jetzt dem vierten nähert. 
Die Stadt trug ein aristokratisches Gepräge, sie neigte mehr den 
idealen als den materiellen Interessen zu. Der Handel war 
gering, Industrie kaum vorhanden. Es herrschte kein Luxus in der 
Lebensführung. Das Gold hatte noch nicht die große Macht, welche 
es jetzt besitzt. Reichtum war nur an wenigen Stellen vorhanden, 
wohl aber herrschte eine weit verbreitete Behaglichkeit, ein ein- 
facher Lebensgenuß. Herder hatte in seiner Adrastea mit Recht 
Dresden „Elbflorenz“ genannt mit den Worten: „Blühe, deut- 
sches Florenz, mit deinen Schätzen der Kunstwelt.“ Natur und 
Kunst machten die Residenz zu einem der anziehendsten Wohn- 
sitze. Die liebliche Gegend wuchs bis in die Stadt hinein; keine 
Fabrikesse ragte in den freundlichen Vorstädten empor, die ge- 
schlossenen Häuserreihen kletterten noch nicht an den die Stadt 
umkränzenden Höhenzügen hinauf. Der Spaziergänger war auf 
dem Lande, wenn er Blasewitz, Räcknitz, Plauen oder Neudorf 
erreicht hatte. Freundlich lachten dem Beschauer vom Balkon 
Dresdens, der Brühlschen Terrasse, aus gesehen, die blinkenden 
Villen und Winzerhäuser an den grünen, rebenbewachsenen Berg-
	        
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