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Gäste bei den Hofbällen betrug 500 bis 800 Personen, die
Kammerbälle vereinigten einen weit kleineren Kreis. Zu Fast—
nacht schloß der letzte Hofball um Mitternacht mit einem Trom-
petentusch. Die Saison wurde durch ein großes Hofkonzert am
2. Osterfeiertage geschlossen. Auch der kronprinzliche Hof gab jeden
Winter einen oder zwei Bälle, wobei die hohen Herrschaften sich
als gastfreie und aufmerksame Wirte bewiesen. Meist waren
300 Personen in das Palais am Taschenberg geladen und
endeten die Feste erst nach 3 Uhr. Die Prinzen und Prin-
zessinnen tanzten flott.
Nach Fastnacht veranstaltete die Kronprinzessin Abendgesell-
schaften mit theatralischen Aufführungen, Charaden und lebenden
Bildern. Sie hatte das Talent dazu von ihrer Großmutter
Stephanie geerbt, und es machte ihr Freude, diese Überraschungen
auszusinnen und aufführen zu lassen. Die Kronprinzeß hatte
eine rege Teilnahme für alle wirklich fröhlichen Belustigungen,
nur das oberflächliche Alltagstreiben der Gesellschaften war ihr
zuwider. Die Soiréen waren immer sehr lustig, dauerten aber
meist länger, als angesetzt war. Das führte unter anderem zu
folgender charakteristischen Anekdote: Die Kronprinzeß hatte ein
Reitpferd Cäsar, welches wegen überkommener Steifigkeit an einen
Herrn des Hofes verkauft wurde. Die Wagen waren um 11 Uhr
bestellt. Es war eine kalte Nacht und schneite. Die Kronprinzeß
kommt beim Schlußcercle zu dem Eigentümer des Pferdes und
fragt ihn: „Was macht Cäsar?" „Der friert seit 11 Uhr im
Schloßhofe“, war die Antwort und der Schluß des Cercles die
unmittelbare Folge.
Die private Geselligkeit während des Winters war groß. Außer