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gangen. Der Kronprinz kam am 22. Juni der Aufforderung
nach und konnte infolgedessen noch einige Stunden bei den Seinen
zubringen. Die sächsischen Depot-Truppen hatten ihren Rückzug
über Prag genommen. Am 23. Juni besuchten Königin, Kron—
prinzeß und Prinzessin Georg das Garnisonhospital am Karls-
platz, wo eine Anzahl kranke sächsische Soldaten untergebracht
waren. ·
Die Physiognomie Prags war eine sehr bewegte. Mit
fieberhafter Spannung harrte alles auf Nachrichten. Als der
Kriegsschauplatz immer näher rückte, wurde die Übersiedelung der
sächsischen Herrschaften nach Regensburg beschlossen. Dort hatte
König Ludwig die am Ostenthore, auf einer alten Bastei,
am unteren Ende der Stadt gelegene königliche Villa als Wohnung
zur Verfügung gestellt. Das peinliche Warten auf Nachrichten
begann. Erst kamen die Siegesnachrichten aus Italien, denen
die schlimmen Botschaften von den böhmischen Schlachtfeldern
folgten. Eine höhere Vorsehung hatte gewollt, daß die Würfel
des Schlachtenglückes zu Gunsten des Gegners fielen. Aus un-
heilvollen Verhältnissen, unter denen die Sachsen Gefahren, An-
strengungen und Entbehrungen redlich mit ihren österreichischen
Waffenbrüdern teilten, gingen sie mit unverletzter kriegerischer
Ehre, mit dem Ruhme der Tapferkeit, der Ausdauer und der un-
erschütterlichen Pflichttreue hervor. Der Gedanke, daß alles in
Gottes Hand stehe, tröstete die Kronprinzeß, welche bei allem
Kummer doch stolz auf die von allen Seiten anerkannte ausge-
zeichnete Führung des Armeekorps durch den Kronprinzen, auf
den in heißen Kämpfen unerschütterten Geist seiner Sachsen war.
Auf dem Rückzuge an die Donau traf der Kronprinz am