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Hingebung und unermüdlichem Eifer. Auch aus der Heimat
fehlte es durch Sendung von Lazarettbedürfnissen und Geldern
nicht an Beweisen werkthätiger Teilnahme. Pfleger und Pfle—
gerinnen eilten herbei. Der Johanniterorden, der Central-Militär-
Hilfsverein, der Internationale Verein und zahlreiche Hilfsvereine
in Sachsen, sowie der „Wiener patriotische Verein für die Dauer
des Krieges“ entwickelten eine umfassende Thätigkeit. Der Bürger-
meister von Wien sagte in einer Ansprache an König Johann:
„Wien kann in diesem ernsten Augenblicke seinen Dank gegen
Eure Majestät und Ihre tapfere Armee nur damit abtragen, daß
es die kranken und verwundeten Sachsen mit gleicher Liebe auf-
nimmt und pflegt, wie die eigenen Landeskinder.“
Die Kronprinzeß begab sich täglich in die Hospitäler, oft
schon in früher Morgenstunde, um sich überraschend von ihrem
Zustande zu überzeugen. Sie trat an die Betten der Schwer-
kranken, um ihnen Hoffnung zuzusprechen. Sie besichtigte die
wirtschaftlichen Einrichtungen, nahm Wäschekammern, Vorratsräume
und Küchen in Augenschein, prüfte durch Kosten die Beschaffenheit
der Speisen. Es wurden Briefe für die Kranken geschrieben, belehrende
und unterhaltende Schriften, sowie Spiele verteilt. Der Gang
in das Hospital wurde für die Kronprinzeß ein Bedürfnis ihres
mitfühlenden Herzens, sie wurde darin heimisch. Im Theresianum
hatte die Kronprinzessin einen Verwundeten, der sehr an Heim-
weh litt, öfter damit getröstet, daß sie ihm versicherte, er werde
nun bald zurücktransportiert werden. Als dieser Fall nun wirk-
lich eintreten sollte und sie es ihm freudig mitteilte, sagte er:
„Ich glob's nich mehr.“
Die Kronprinzeß kannte keine Furcht vor Ansteckung. Be-