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Rednerordnung wird man für unmöglich halten.
Und doch gibt es derartige Dinge im mecklen-
burgischen Landtage nicht. Wer nicht zum Land-
tage kommen mag, bleibt ihm fern. Die Aus-
bleibenden und Abwesenden sind zu alledem, was
auf Landtagen gehörig beschlossen ist, verbunden
(L.G.G.E.V. 8 151). Der dirigierende Landrat
bestimmt die Verhandlungsgegenstände in der ihmy
beliebigen Reihenfolge, und ohne dass die Mit-
glieder der Versammlung früher erfahren, was zur
Verhandlung kommen wird, als in dem Augen-
blick, wo die Verhandlung darüber beginnt. Eine
geregelte Diskussion ist der Landtagsversamm-
lung fremd. Jeder kann, ohne sich vorher
zum Worte zu melden, reden. Tragen mehrere
Mitglieder gleichzeitig ihre Meinung vor, und wird
dadurch die Ordnung gefährdet, so haben die
Landmarschälle Ruhe zu schaffen, indem sie mit
ihren Marschallstäben auf den Boden stossen. Bei
erregten Debatten sollen die Marschallstäbe so
energisch gebraucht sein, »dass der Boden
zittertee. Abstimmungen erfolgen in den Land-
tagsversammlungen nur, wenn man sich ohne sie
über einen Beschluss nicht einigen kann. Bedarf
es einer Abstimmung, so geschieht sie nach Köpfen
durch Stimmzettel. Einfache Stimmenmehrheit ent-
scheidet ; bei Stimmengleichheit kommt ein Be-
schluss nicht zustande. Jeder Landstand, d. h.
jeder Gutsbesitzer und jede Stadt, hat eine Stimme
(L.G. G.E. V. $ 147). Bei der Abstimmung über
solche Angelegenheiten, welche einen Teil der
Stände, z.B. einen Kreis, angehen, stimmt nur
dieser Teil; in Klosterangelegenheiten stimmen
neben der Landschaft nur diejenigen von der