— 118 —
wuchernd zwischen den flechtenbehangenen Stämmen aus. Der Fluß
aber möchte die Blöcke zermalmen, die immer wieder von neuem
den Weg ihm sperren, bis er endlich an einem Felsenpaare (des Uhu—
und Klettersteins) seinen Ausweg aus der Wasser- und Wald—
und Wiesenwildnis findet, die als die „Schweiz“ des
Etsterlandes ein malerisches Talstück unseres Vaterlandes
ildet.
6. Dieses schöne Elsterland haben die deutschen Franken den
Slaven abgerungen, an deren Ansiedelungen noch manche Namen
(Olsnitz, Göltzsch) erinnern. Auf den Kuppen der Landschaft und
an den Hochrändern gründeten sächsische Kaiser auch hier ihre
Burgen mit Wartturm und Mauerbrüstung, um den neuen Erwerb
sich zu sichern. Als ihre Vertreter setzten sie zur Verwaltung des
unterworfenen Landes die „Vögte“ ein, welche in Vogtsberg in
einem östlichen Seitentale bei Olsnitz und später in Plauen ihren
Herrensitz gründeten. Bald erlangten sie die Erblichkeit ihrer Würde
und das Besitzrecht über das Land. Aber durch Teilung und Fehden
wurde ihre Macht geschwächt, und durch Tausch oder Kauf ging
endlich (1569) der östliche Teil ihres Gebietes an die Wettiner über.
Es umfaßt etwa 25 Quadratmeilen (1375 qkm) Fläche und bildet ein
regelmäßiges Viereck, wenn wir zu seiner Abgrenzung eine Linie vom
Rammelsberge nach Reichenbach gezogen haben. Früher wurde es
als „vogtländischer Kreis“ bezeichnet und trägt auch heute noch auf
Grund seiner geschichtlichen Entwickelung und der eigenartigen
Stammesnatur der Bewohner den Namen „das Vogtland“ fort.
Wiederholung.
7. Die Vogtländer sind von Haus aus kernige Gestalten, voll
Kraft und Gesundheit, soweit die Fabriktätigkeit das markige Ge-
schlecht nicht geschwächt hat. Einfache Lebensweise und rührige
Hand in Feld und Wald stählen die Körperkraft. Aus den Augen
des Vogtländers leuchten Klugheit und praktischer Verstand, aus
den Worten spricht nicht selten naturwüchsige Derbheit, neben Bieder-
keit der Gesinnung zugleich ein Anflug von übersprudelnder Laune.
Gern macht sich das heitere, lebensfrohe Gemüt im Liede Luft,
das früher in Spinstuben („Huzzenstuhm"), jetzt wohl noch mit
neckischen Wechselstrophen bei festlicher Stimmung im Wirtshaus er-
tönt. Noch fesseln die Sagen des Großmütterchens die Enkelschar
am häuslichen Herde. Denn der Vogtländer fabelt um so lieber
von verborgenen Schätzen der Berge, je ärmer diese in der Tat an
denselben sind. Mit großer Zähigkeit hält er besonders an dem
Althergebrachten fest und bewahrt trotz der ausgleichenden Gegemwart
immer noch einen Zug freien Selbstbewußtseins, mit dem schon seine
Vorfahren eine Vermischung mit den Slaven verschmähten. Nicht
selten geht dieser feste Sinn in Starrköpfigkeit über, die nur durch
einen noch festeren Willen gebrochen werden kann. Der gewerbliche
Ausschwung in den letzten Jahrzehnten hat viele klare Köpfe und
geschickte Hände zu tatkräftigem Handeln angesporut und viel Wohl-