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Auge, ein glattes, rotbraunes Fell und schöngekrümmte, weiße
Hörner mit schwarzen Spitzen. Im Stalle gibt es schmackhafte
Milch, auf dem Acker zieht es den Pflug mit der Kraft seines
Nackens, und nach der Mästung gewährt es ein fettes und gut durch-
wachsenes Fleisch. Vogtländisches Mastvieh wird wegen seiner
Güte auch außer Landes, selbst bis auf den Fleischmarkt Londons
geführt. Wo die Rasse geschwächt ist, suchen rührige Landwirte
sie neuerdings durch Einführung von (Simmentaler) Schweizervieh
zu ersetzen. Mit dem Reichtum an Rindern und der Fülle an
Wasser hängt auch die Anlage größerer Gerbereien (z. B. in Olsnitz)
zusammen, welche die abgezogenen Häute zu Leder bereiten. So
wird die Viehzucht zu einem Erwerbszweige, der nicht
bloß die ländliche Bevölkerung, sondern auch einen Teil
des städtischen Gewerbes beschäftigt.
2. Neben den Wiesen wird in dem oberen Vogtlande besonders
der Wald verwertet. Unter den wuchtigen Hieben der Afxt stürzen
die Stämme und werden als Nutz= oder Brennholz auf guten
Waldwegen zur Bahn gefahren. Staatsgesetze sorgen dafür, daß
Abtrieb und Neubepflanzung der Waldbezirke regelmäßig erfolge.
Zwischen den Stämmen des vogtländischen Waldes begegnen wir
wohl auch noch den fast sagenhaften Gestalten des Pichers, oder
des Rußbuttenmannes. Im Frühlinge zieht der „Pechsteiger"
(ein Nachklang, der an die früheren gewerkschaftlichen Einrichtungen
erinnert, die sich an den Bergbau anlehnten) in den Wald, um die
Bäume auszulesen, die dem Jahresbetriebe verfallen sind. Mit
einem gekrümmten Eisen reißt dann der Picher lange Streifen von
den Stämmen, denen dazwischen nur handbreite Rindenbänder zur
Erhaltung der Saftströmung verbleiben. Das Harz quillt nun aus
den Wunden hervor und verhärtet im Sommer Im Herbste aber
wird es abgekratzt, in Säcken gesammelt und nach der Pechhütte
getragen. Hier siedet es in einem kupfernen Kessel, oder einem
steinernen Osen und läuft dann durch ein Siebgeflecht, oder durch
die trichterförmige Offnung des Herdes in kleine Holzkisten oder
schüsselförmige Formen ab, in denen es erstarrt. Die Rückstände
von Harz und Pech wandern dann weiter (als „Abheberle") in die
aus Lehm errichtete Rußhütte. Hier werden sie mit kienreichen
Rinden= oder Holzteilen vermischt und in einer ausgemauerten Rinne
verbrannt. Den dick aufsteigenden Rauch fängt eine hölzerne Kammer
auf, deren Wände und Decken mit Leinwand ausgesetzt sind. An
diese hängt sich die rußige Masse, wird allabendlich von ihr ab-
gekehrt und in kleinen Fäßchen („Butten“) gesammelt, die ans
Fichtenspänen zusammengefügt sind. Der Ruß kommt in den Butten
dann als Färbemittel für Buch= und Steindruckereien in den Handel.
Pechsieden und Rußbrennen ist für die Zukunft in allen Staats-
waldungen untersagt worden, da es den Forsten schadet. Es wird
nur noch in einigen Privatwaldungen als ein absterbender