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Betriebsamkeit zu finden. Ein Bürger der Stadt unternahm es,
die Schalen der Perlmuscheln zur Herstellung verschiedener Schmuck-
sachen zu verwenden. Gegemwärtig sind bereits gegen 1000 Arbeiter
damit beschäftigt, die Schalen mit scharfen Säuren zu beizen, am
Schleifsteine zu glätten und mit Bimstein oder Filz zu polieren.
Da die Muscheln selbst natürliche Behälter für die kostbaren Perlen
waren, so ist es ihrer Bestimmung besonders entsprechend, sie zu
Geldtäschchen zu verarbeiten. Aber anch Damenkämme und Haar-
pfeile, Photographierahmen und Schmuckkästchen werden mit Perlmutter
ausgelegt, die dann durch das schöne Spiel der Farben das Auge
erfreut. Um die vielbegehrten Perlmutterwaren liefern zu können,
reichten die Elsterfunde bald nicht mehr aus, und es mußten nun
Muscheln aus den Nachbarländern, besonders aus Böhmen und
Bayern, ja aus den fernen indischen Meeren nach Sachsen eingeführt
werden. Ausgeführt aber werden die zierlichen Gegenstände selbst
bis nach Wien und Paris, wo doch kunstsinnige und geschickte
Meister selbst derartige Waren für den Weltmarkt fertigen. Leider
kaun auch dieser Erwerbszweig des Vogtlandes, der
Verdienst unter manches Dach trug, trotzdem ihn unsere
Regierung kräftig zu fördern sucht, durch die Ungunst
des Wettkampfes und durch den schnell wechselnden Ge-
schmack gestört, nicht immer regelmäßig schwunghaft be-
trieben werden.
6. Außer diesen bodenständigen Erwerbszweigen hat sich im
Vogtlande endlich anch die Bearbeitung der Wolle und Baum-
wolle eingebürgert und zu einer umfangreichen Industrie ausgebildet.
Auch hier wird die feine Faser der Baumwollenstaude gesponnen
und der Faden daun auf dem mechanischen, oder — bei feineren
Artikeln — auf dem Handwebstuhle gewoben. Das Gewebe wird
ferner über Gasflammen geführt und so in der „Sengerei“ von
den vielen Fäserchen befreit, die ihm ein rauhes Aussehen gaben.
In der Bleiche und Wäsche (durch Chlor) nimmt dann der gelbliche
Stoff auch seine blendend weiße Farbe an. Er wird zwischen zwei
Walzen gestärkt, durch Pressen geglättet und kann nun verarbeitet
werden und als „Weißware“ in den Handel gehen. Für diese
Waren, besonders für Vorhemdchen und Manschetten, Schürzen, Tüll-
spitzen und Gardinen, sind Auerbach (9½ T.) und Falkenstein (91½
T.), im östlichen Vogtlande an der oberen Göltzsch gelegen, wichtige
Sitze geworden, die ihre Fabrikate auch über das Meer nach Amerika
führen. Da nun aber den Weißwaren durch Maschinen und geschickte
Hände auch allerlei Muster eingewebt oder eingestickt werden, so
wird ein großer Teil der dortigen Bevölkerung auch durch Maschinen-
oder Handstickerei beschäftigt. Das Spinnen und Weben, das Färben
und Drucken der Wolle aber wird außer in dem Städtepaare
Lengenfeld (5½ T.) und Treucn (7 T.), die ihre Tuche und
Tücher auch auf den Weltmarkt bringen, besonders im nordwestlichen
Vogtlande betrieben, um die weichen Flauelle und die schützenden