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Schale zu liefern. Hier ist an der unteren Göltzsch ein Fabrik-
dreieck des Vogtlandes entstanden, dem Vierecke benachbart, das wir
bereits im westlichen Kohlenbecken gefunden haben. Als die größte
Fabrikstadt kündigt sich schon äußerlich durch die große Anzahl
rauchender Schlote Reichenbach (24 T.) an, welches Gold nicht
mehr in dem Sande der Göltzsch („Reichen —bach“"), sondern in den
schwarzen Kohlen sucht, die ihm die Dampfkessel der Fabriken heizen.
Auch der flotte Bahnverkehr der Stadt drückt aus, daß wir uns
in der bedeutendsten Fabrikstadt des Vogtlandes befinden. Die wellen-
förmige Umgebung ist überdies auch so gut angebant, daß der Boden
reiche Erträge spendet. Der zweite Fabrikort liegt in der Nähe der
riesigen Göltzschtalbrücke an einem ziemlich steil abfallenden Gehänge.
Sein Name „Nctzschkan“ (7½ T.) bedentet eigentlich „Wüstenfeld“
und mag wohl der früheren Natur entsprochen haben. Gegenwärtig
aber ist er ein rühriges Arbeitsfeld mit großer mechanischer Weberei
geworden. Der dritte Fabrikort Mylau (7½ T.) an der Göltzssch
hatte selbst das Schloß in den Fabrikbetrieb gezogen und eine Woll-
druckerei in die Räume desselben verlegt. Die Ernenerung des Schlosses
aber hat nun einen strahlenden Herrensitz des Vogtlandes ergeben.
Sie legt uus den Gedanken nahe, daß auch in der vielgeschäftigen
Gegenwart doch das Gefühl für die altertümliche Schönheit so leicht
nicht ersticken kann. Reichenbach ist also besonders der
spinnende, Netzschkau der webende, Mylan der färbende
Fabrikort in dem gewerbfleißigen Dreiecke geworden.
Schlußzusammenfassung: So weidet der Vogtländer das
Rind auf grasigem Anger, er sammelt das Harz im dunklen Fichten-
walde und hebt die glänzende Perle ans klarer Flut — das sind
Erwerbszweige, die sich unmittelbar an den Voden heften. Er
gerbt weiter die Hänte der Rinder zu brauchbarem Leder, entlockt
dem Metalle und Holze durch kunstvollen Ban eine Welt von Tönen
und fügt Muschelschalen und Perlmutterplättchen zu Schmucksachen
zunsammen — das sind Erwerbszweige, die sich mittelbar an den
Boden schließen. Er spinnt endlich und webt Baumwolle und Wolle,
druckt dem Gewebe bunte Muster auf und stickt Blumengewinde in
das weiße Tuch ein — das sind Erwerbszweige, die auf seinem
Boden gedeihen, obgleich sie ans der Ferne eingepflanzt wurden.
IV. Lehrdichtung:
1. Es weidet in des Hirten Hut
Am Waldesrand der Rinder Schar.
Der Wäldler sucht des Harzes Gut,
Aus Fichten fließt es rein und klar.
Und Perlen hebt, die glänzend hellen,
Der Fischer aus der Elster Wellen.
2. Wer liebte nicht in Freud' und Leid
Der Saiten und Posaunen Schall?
Das Vogtland ist's, das sie euch beut,
Es zanbert Töne aus Metall.
Perlmutter, schillernd, muß sich schicken,
Mit Prunkgerät das Haus zu schmücken.