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die kleineren Ortschaften in der Nähe des Bades Garten und Hof,
um den wandernden Badegästen als Labung ein Gläschen nährende
Milch oder böhmischen Wein zu reichen. Und wenn die Wande-
rungen in den Wäldern des Brunnenberges und der weiteren Um-
gebung etwas Einförmiges behalten, da dem Schwarzwalde die
mildernde Mischung des Laubholzes fehlt, so hat doch die Kunst
der Gärtner im Talkessel auch dafür einigen Ersatz geschaffen,
Buchen und Eichen in aumutigen Gruppen angepflanzt und so die
landschaftliche Natur des Bades gehoben. Nun rinnt das Wasser,
nun grünt das Gras, nun lispeln die Blätter, nun spielen
die Nadeln, nun duftet die Luft, nun weitet sich der Blick,
nun erfreut sich das Herz an der lieblichen Landschaft!
6. Das reichste Leben aber zieht erst im Sommer in das Tal
und die Berge ein. Sobald der Mai die Blüten aus den Zweigen
lockt, kommen die ersten Gäste gezogen. Und erst, wenn der Herbst
die Blätter färbt, verlassen die letzten das Tal. Aus Sachsen und
Preußen, aus dem fernen Polen und Rußland ziehen die Leidenden
herbei, alle mit der stillen Sehnsucht im Herzen, das Bad gesund
an Leib und Seele wieder verlassen zu können. Gegen 6000 Fremde
suchen etwa alljährlich die Bäder von Elster auf, füllen die Säle
und ersteigen die Höhen. Zu diesen eigentlichen Badegästen, die
nach ärztlicher Vorschrift einfach, regelmäßig und ruhig die Tage
verleben, gesellt sich dann noch ein Schwarm von Reisenden, die
nach Elster kommen, um die Schönheiten des Bades kennen zu
lernen und das eigenartige Leben des Ortes zu beobachten. Auch
ihnen wird der Becher mit Mineralwasser gefüllt, die Wege des
Bades stehen ihnen offen, und die Töne der Musik klingen an ihr
Ohr. Sonntäglich aber strömt von allen Seiten auch die biedere
Landbevölkerung in den Talkessel von Elster ein, um ebenfalls
Auge und Ohr an der freundlichen Natur, an den Klängen des
Konzerts und an den vornehmen Erscheinungen der Badegäste zu
erfreuen. Am dichtesten aber füllen sich Straßen und Hallen am
Johannistage, an dem eine Gedächtnisfeier zur Eröffnung der
Bäder begangen wird. Da wehen die Fahnen, und Blumengewinde
sind um die Pforten geschlungen. Festliche Freude strahlt aus dem
Antlitze der Gäste und Fremden, der Wirte und nachbarlichen Dorf-
bewohner. Alle vereinigen sich zum frohen Genusse daun
in Elster, dem schönsten Bade des Vogtlandes, dem
größten unseres Königreichs Sachsen.
Schlußzusammenfassung: So wird das Elsterbad zur
Elsterperle. Wie diese in gerundeter Schale, ruht es in kessel-
artigem Tale. Wie diese hat es in den Jahrhunderten durch
allmähliches Wachstum einen immer höheren Wert erlangt. Wie
diese wird es ja auch von frischem Quellwafser umranscht. Wie
diese glänzt es durch Bade= und Wohnhäuser, durch Gärten und
Waldanlagen im Schmucke gewinnender Färbung. Und wie diese
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