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dem dritten den äußeren Aufbau der Landschaft, die
„Gebirgs“form — drei wichtige Punkte, die wir auf
dem Kartenbilde fanden.
2. Wie aber ist dieses Gebirge mit seinen Sandsteinbergen am
Elbstrome entstanden? Als im Mittelalter der Erde ein großes
Meer die Fluren Sachsens und Böhmens mit seinem Spiegel be—
deckte, schlugen sich in der ruhigen Flut desselben die feinen Quarz-
körnchen und weichen Tonteilchen nieder. Da fügte sich in langer
Arbeit Schicht auf Schicht, so daß sich endlich eine gewaltige Platte
auf dem Boden des Meeres bildete, die später trocken aus dem
Wasser stieg, als sich die Flut verlief. Prüft ihr heute den Bau
der Felsen, ihr werdet die Schichtenbildung an denselben noch
überall erkennen. Zerschlagt ihr aber einen Sandsteinblock, so findet
ihr wohl auch die Reste von Meerestierchen, die früher in den
Schichten eingeschlossen wurden. Später wurde die Sandsteinscholle
von unterirdischen Kräften gehoben und bei der Hebung vielfach zer-
rissen. An einzelnen Stellen drängten sich auch schwarze Basalt-
massen durch das Weichgestein und richteten den Großen und den
Kleinen Winterberg auf. Der erstere bildet den schönsten Aus-
sichtspunkt, von dem aus unser Ange über das ganze Elbsandsteingebirge
bis zu dem Erzgebirge im Westen und den Lausitzer Bergen im
Osten Sachsens reicht. Gewaltige Strömungen haben dann weiter
nach der Hebung das Gebirge durchfurcht. Sie rissen überall
Schluchten und Gründe auf, schwemmten die weicheren Massen der
Platte weg und ließen nur die härteren Kerne stehen, die nun wie
Tafeln aus den ausgewaschenen Niederungen ragen. Aber auch von
ihnen wurden durch die wildtosenden Fluten manche Blöcke ab-
gesprengt und manche Wände gelöst. Noch gegenwärtig setzen Wetter
und Wind das Werk der Zerstörung fort, nachdem längst schon die
Wasserströme der Elbe und ihrer Nebeuflüsse sich in ihre Betten
zurückgezogen haben. Die Verwitterung meißelt noch heute Risse
und Riefen in das Gestein, Zinken und Zacken bröckeln von den
Wänden, und der Sand rieselt unaufhörlich auf den Grund herab.
Er hat den unebenen Boden des Gebirges bereits so reichlich bedeckt,
daß den Fuß der Berge ein lockeres Flachlaund umfaßt, welches
von den Anwohnern am Liliensteine bezeichnenderweise „Ebenheit"“
genannt wird. In der Kindheit vom Wasser gebildet, in
der Ingendzeit vom Wasser durchfurcht, im Alter vom
Wasser zertrümmert, das sind die wichtigsten Ent-
wickelungsstufen in dem Lebensbilde des Elbsandstein-
gebirges.
3. Aus der Lebensgeschichte erklärt sich auch die eigenartige
Formenbildung des Gebirges, das sich uns in seinen Höhen
und Tiefen wie ein Wundergarten öffnet. In einfachen und doch
seltsamen Umrissen ist zunächst der Lilienstein gebildet. In
sauften Gehängen entsteigt er am Grunde der Ebenheit, in der