Full text: Landeskunde des Königreiches Sachsen. Ausgabe A.

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wunderlich zerrissen sind, daß sie starke Säulen und Zinnen bilden 
und dem Felsen den Ausdruck einer natürlichen Festung verleihen. 
Nur im Westen senkt sich von den hohen Schultern des Berges ein 
ersteigbarer Hang herab, auf dem auch in der Tat ein breiter Weg 
nach der Felsenhöhe leitet. Oben breitet sie sich zu einer Plattform 
aus, die wir etwa in einer halben Stunde umwandeln. Wegen der 
inselartig hervortretenden Gestalt und der wild aufgerissenen Wände 
wurde diese Naturfeste von den Anwohnern kurzweg „der Stein“ 
genannt. Und da er sich längere Zeit im Besitze der Könige von 
Böhmen befand, empfing er den auszeichnenden Namen „Königstein“. 
Dieser Tafelberg an der Biela, dessen Steilwände sich 
in den Fluten der Elbe spiegeln, der wie ein Be- 
herrscher niederer Berggeschlechter weit über die 
Landschaft blickt, ist der Träger einer künstlichen 
Festungsanlage geworden, die seinen natürlichen Trotz 
noch verstärkt. 
2. Versuchen wir nun, den Berg auf dem Festungswege zu 
erklimmen, so stehen wir bald vor festen Manerwerken, so kunstvoll 
angelegt, daß sie ans dem Felsen herausgewachsen zu sein scheinen. 
Es sind die steinernen Bollwerke (oder Bastionen), aus deren 
Höhlen verderbenbringende Geschütze lugen. Ein starkes Tor öffnet 
sich, der Wachtposten gestattet uns den Eintritt, und wir gelangen 
in den Vorhof der Festung. Soldaten, denen die Aufgabe zugefallen 
ist, das feste Hans gegen jeden Feind zu beschirmen, beleben ihn. 
Eine Zugbrücke leitet uns über einen tiefen Spalt, und wir treten 
in einen gewölbten Steingang ein, in welchem durch eine Winde 
die Geschütze aus der Tiefe heraufgezogen werden können. Verlassen 
wir ihn, so atmet unsere Brust freier, und unser Auge öffnet sich 
weit: wir stehen auf der Platte des Berges! Eine niedere Mauer 
zieht sich als Brustwehr rings um den Felsenrand. Bald springt 
sie vor, bald legt sie sich zurück. Sie ist durch Einschnitte aus- 
gezackt, über welche die Schlünde der starken Kanonen ragen. Diese 
Festungsgeschütze sind ungleich stärker als die Feldkanonen gebant 
und ruhen entweder auf festen Steinlagern, oder auf drehbaren 
Eisengestellen. Nach allen Seiten hin richten sie ihren Feuermund, 
besonders aber haben sie die Elbe im Ange, um sie mit ihren Ge- 
schossen zu bestreichen. Schwimmende Scheiben inmitten des Stromes 
zeigen uns, daß Schießübungen nach diesem Ziele gehalten werden. 
Eichen und Buchen grünen friedlich am inneren Saume der Brust- 
wehr. Blumenbeete, Weinanlagen und Gemüsegärten lassen uns 
einen Angenblick vergessen, daß wir uns auf einer Feste befinden, 
und auch die Kirche mit dem Kreuzeszeichen dentet auf Versöhnung 
und nicht auf Kampf. Ernstere Gedanken aber steigen sofort wieder 
in unserer Seele auf, wenn wir in dem dunklen Fichtenwäldchen 
die festen Magazine erblicken, in denen das vernichtende Pulver 
ruht. Dazu tritt das Zeughaus, das nicht bloß mit alten Waffen 
geschmückt ist, sondern anch die schweren Belagerungsgeschütze verwahrt.
	        
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