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Unter unseren Füßen aber sind kellerartige Gewölbe in den Stein
gehanen oder eingemauert und mit so starken Schutzdächern versehen,
daß keine feindliche Kugel sie zu durchschlagen vermöchte. Diese
Felsenwohnungen heißen Kasematten und sind zum Aufenthalte
der Verteidiger und wohl auch zur Aufbewahrung der Nahrungs-
mittel bestimmt. Die Besatzung der Festung beträgt 275 Mann in
Friedeuszeiten. Sie ist einem Kommandanten unterstellt, der vom
deutschen Kaiser ernannt wird. Die Ummauerung und Ver-
schanzung, die Zugbrücke und das Steingewölbe, die
Kasematten und Magazine sind feste Werke, die den
Naturfelsen in Stein und Eisen kleiden wie die Rüstung
den Ritter.
3. Zu diesen niederen Werken, die den Steinleib umpanzern,
kommen noch einzelne schloßähnliche Gebäude, die sich hart an
den Felsenkanten mit ihren zierlichen Türmen erheben. Jedes
derselben trägt einen eigenen Namen und hat auch seine besondere
Geschichte. Uber zwei großen Kellergewölben des Felsens erhebt
sich zunächst die Magdalenenburg. In ihren Räumen wurde
lange Zeit ein Weinfaß verwahrt, das für das größte der Erde
galt und mit dem Safte der Trauben gefüllt wurde, die an den
Fruchtgestaden der Elbe reiften. Nicht weit davon erblicken wir die
Friedrichsburg, einen freundlichen Pavillon in der Nähe drohender
Werke. Hier wird ein schmaler Felsenvorsprung, unter dem sich
steile Wände nach grauenvoller Tiefe senken, das Pagenbett genannt.
Weinberauscht war einst auf ihm Heinrich von Grunau eingeschlafen.
Nachdem man ihn in der gefährlichen Lage bemerkt, wurde er von
den Fenstern der Burg aus sicher befestigt. Ein Musikchor weckte
hierauf den unbedachten Schläfer, und die jubelnde Menge zog ihn
von dem gefährlichen Ruhebett in das Innere der Burg. Endlich
gedenken wir noch der Georgeuburg, die ihre Aufgabe als
Festung insofern erfüllte, als berüchtigte Männer in ihren Mauern
als Staatsgefangene saßen. Unter ihnen hat der Geheimschreiber
Menzel den Verrat seines Vaterlandes am längsten gebüßt. Was
zwischen Sachsen, Osterreich und Rußland im geheimen gegen den
König von Preußen verhandelt worden war, verriet er an den
Gesandten desselben um schnödes Geld. Als er sich aber mit seinem
Landesherrn auf einer Reise nach Warschau befand, kam seine
Untreue an den Tag. Er floh nach Böhmen, wurde dort ergriffen
und nach dem Schlusse des Siebenjährigen Krieges in die Georgenburg
des Königsteins geführt, in der er 33 Jahre als Gefangener lebte.
So erzählt uns die Magdalenenburg von reichem
Weiubau an der Elbe, die Friedrichsburg von einem
unbesonnenen Pagenstreiche und die Georgenburg vom
Strafgerichte eines Vaterlandsverräters.
4. Nun ist der Königstein von Natur gefestet, mit Werken
gerüstet, mit Burgen bewehrt, mit Geschützen gespickt und mit