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zur Gründung eines Verkehrsortes an. An Stelle der alten
Fähre ist heute eine Brücke getreten, fest und breit genug, um
zugleich dem Bahn-, Fracht= und Fußverkehre zu dienen. Gerade
die Bahnlinien bilden bei Pirna ein förmliches Kreuz, dessen Stamm
von der sächsisch-böhmischen Elblinie, dessen westlicher Arm von der
Bahn des Gottleubatales und dessen östlicher von der Schienen-
straße gebildet wird, die sich von Pirna in das Tal der Wesenitz
wendet, um dann nach der Lausitz vorzudringen. Demnach liegt
Pirna zugleich auch an der niederen Abstufung des
Elbsandsteingebirges an einer Stelle, an der sich ein
westliches und östliches Quertal zum Ubergange öffnen,
und der reiche Verkehr, der hier auf Land--, Wasser-
und Schienenstraßen flutet, erklärt sich nun für uns.
3. Wie niedrig bei Pirna das Gebirgsland der Elbe geworden
ist, geht daraus hervor, daß sich der höchste Sandsteinfelsen, der
Sonnenstein, gleichwohl nur 160 m über das Meer erhebt. Er
ist daher auf Fahr= und Fußwegen bequem zu ersteigen. Eine um-
schattete Steintreppe führt von der Stadt aus auf die Hochplatte,
welche die weitausgedehnten Gebände eines Schlosses trägt, an dem
sich drei größere Flügel deutlich unterscheiden lassen. Die niedere
Terrasse des Schlosses zeigt noch Spuren der früheren Befestigung
und gewährt uns einen guten Uberblick der Anlage der Stadt. Die
gedunkelten Ziegeldächer zu unseren Füßen bilden einen förmlichen,
enggeschlossenen Kreis. Um diesen ziehen sich dann in einem Halb-
kreise, weniger zusammengedrängt, die freundlichen Neubauten, die
Garten= und Fabrikanlagen herum, die sich im Grün der schönen Um-
gebung zu verlieren scheinen. Die Burg auf der Höhe, der
alte Stadtkern zu unseren Füßen, der neuere Stadt-
gürtel mit leuchtenden Hänsern im Laubgrün versteckt
und im westlichen Bogen das Innere umfassend: das
ist das einfache Bild einer Stadt aus der Vogelschau,
die ihre Fesselun gesprengt und, nur durch Sonnenstein
und Elbe gehindert, sich in ihrer schönen Uferebene
ausgebreitet hat.
4. Diese glückliche Lage ist für die Bewohner der Stadt eine
Quelle vielseitigen Erwerbes geworden. Kraftvoll flutet der
Elbstrom an ihr vorüber und trägt Güter herbei und Erzeugnisse
fort. Wie in den kleineren Elbstädten werden auch in Pirna nament-
lich Kohlen, Holz und Steine an die aufgemanerten Ufer geführt,
in den Lagerplätzen aufgestapelt und dann in den Handel gebracht.
Der Elbhandel ist demnach die erste wichtige Erwerbsquelle des
Ortes. Um die Stadt her breitet sich ferner, wie wir schon wissen,
ein weites, sonniges Fruchtland aus. Hier streut nun der Landmann
nicht bloß seine Saat, hier zieht auch vor allen Dingen der Gärtner
sein wohlschmeckendes Gemüse und duftige Blumen für Kranz und
Strauß. Die Gärtnerei ist eben ein weiterer Erwerbszweig für