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die Bewohner der Stadt Pirna geworden. Unter der Fruchterde
aber ruhen im Norden der Stadt die weichen Schichten des Lehmes
und Tones. Der Lehm wird in flachen Gruben gegraben, zu Ziegeln
oder Röhren geformt, in luftigen Gebäuden getrocknet und in hohen
Ofen gebrannt. Der Tou wird gereinigt, durch die Hand auf der
Drehscheibe gebildet, mit Glasur überzogen und in Feuersglut ge-
härtet, um Tassen und Teller, Töpfe und Ofen zum Hansbedarfe zu
geben. So haben wir in Töpferei und Ziegelbrennen eine
dritte Erwerbsquelle der Stadt Pirna gefunden. In der weiteren
Umgebung der Stadt aber ruht der Sandstein in reichen Felsen-
gebilden. Er ist schon von Natur von vielen Rissen durchsetzt und
wird so in große Wände und Ouader gespalten. Mit Spitzhacke und
Meißel dringt der mutige Arbeiter unter die Steinwände ein, um
sie weiter zu unterhöhlen. Kriechend und liegend arbeitet er sich
immer weiter unter der Steinmasse fort, bis ein donnerähnliches
Krachen aus ihrem inneren Gefüge dringt. Das ist der lante Auf-
schrei der Wand, die sich, durch ihr Schwergewicht gezogen, nun von
dem großen Felsen lösen und in die Tiefe stürzen will. Aber der
„Hohlmacher" stützt die wankende Masse noch einmal mit starken
Pfosten, die er ihr ganz locker unterstellt und mit Tonupfeifen oder
Glassplittern belegt. Kuistert und klirrt es dann später unter der
wuchtigen Last, fso zieht sich der gefährdete Mann vorsichtig zurück,
uum sein Leben zu retten, an dem ja ohnehin schon der Stanb in
den Lungen wie ein früher Todeskeim nagt. Nun brechen die Pfosten,
die Felsemwand schwankt, sie überschlägt sich, legt sich auf die Schutt-
halde nieder, oder stürzt mit furchtbarem Dröhnen hinab in den
Strom! Hoch schäumen die Wasser auf und schlagen dann um den
Berg der Blöcke, in welche der Felsen zertrümmert wurde. Wehe
dem Kahne, den die Sturzwelle erfaßt und nach dem andern Ufer
schleudertt Wehe, wehe aber dem Armen, der dem hereinbrechenden
Verderben nicht rechtzeitig entronnen ist und nun unter den Trümmern
verschüttet liegt! Ernst und totenbleich stehen dann die kühnen
Männer im Bruche, der Schrecken lähmt ihre Glieder und bindet
die Zunge, wenn ein Mann in ihrem Kreise fehlt! Ist der Fall
der Wand aber ohne Unglück abgegangen, so beginnt sofort die
weitere Zertrümmerung und Bearbeitung der gestürzten Blöcke. Sie
werden nun zu Würfelu oder Säulen, zu Feusterstufen oder Mühl-
steinen behauen. Die Dampfsägen bei Pirna schneiden die Quader
in Platten, die Maschinen drehen die Platten zu Scheiben, und die
Hand des Bildhauers meißelt in der Werkstatt Schrift und Figuren
ans. Nun belebt sich der tote Stein zur schlanken Säule mit
Blumengewinden, oder baut sich zum Denkstein auf, um die Ruhmes-
taten der Lebenden zu preisen, oder eine ehrende Erinnerung an die
Toten zu bewahren. Gerade bei Pirna werden (im Liebethaler
Grunde an der Wesenitz und bei Cotta, westlich von Pirna)
Sandsteine mit dem feinsten Korne gebrochen, und ihre Bearbeitung
bildet die wichtigste Erwerbsquelle der Stadt. Elbhandel