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sind Pulsadern des reichsten Lebens, die das tote Bild
beseelen, das uns nun Dresden in seinen sich immer
mehr erweiterten Raumkreisen gezeigt hat.
4. Im Mittelpunkte des Bildes erhebt sich mit dem schlanken
Turme das Schloß, in dem die königliche Familie wohnt. Es ist
durch die Erneuerung seiner Außenseiten ein stattlicher Bau geworden,
der seine ganze Pracht aber im Innern erst entfaltet. Wir treten
von der Schloßstraße aus zunächst in einen kleineren Hofraum ein.
Dort öffnet sich uns ein Portal, über dem der Wahlspruch (Joh.
Georgs III.) prangt: „Jehovah mein Panier!“ Es führt uns in
den zweiten Schloßhof ein, der hell und weit sich dehnt und schon
oft den Schauplatz ritterlicher Spiele bildete. In ihm steigt über
dem sogenannten grünen Tore der hohe Schloßturm (über 100 m
auf, den wir besteigen, wenn wir die Stadt zu unseren Füßen
ausgebreitet sehen wollen. In der untern Weitung des Turmes
liegt das erste Prachtzimmer des Schlosses, dessen Boden Serpentin-
und Marmortafeln, und dessen Wände kostbare Vasen schmücken.
Ihm schließen sich als andere Räume „voll Pracht und Herrlichkeit"
der Ballsaal mit den Sinnbildern der schönen Künste, der Speisesaal
mit Deckengemälden über Lust und Leid des menschlichen Lebens,
der Konzertsaal mit reicher Vergoldung und der Eckparadesaal mit
dem Königsthrone an. Die Wohnzimmer des Königs aber liegen
in der ersten Etage über dem Georgentore. Der Zutritt zu Sr.
Majestät wird durch das Hofmarschallamt bewirkt, dessen Sitz
ebenfalls im Königsschlosse ist. Ein geschlossener Gang führt aus
dem Schlosse in die königliche Kapelle der katholischen Hofkirche
hinüber. Neben der Hofkirche thront der Prachtbau des Hoftheaters,
in dem die besten Werke unserer deutschen Dichter von berühmten
Künstlern dargestellt werden. Nicht weit von der katholischen steigt
auch die evangelische Hofkirche auf, deren Wände schlanke
Stützpfeiler halten, und über deren spitzes Dach zwei schöne, gotische
Türme steigen. Königliche Equipagen rollen über den Platz. Ein
Vorreiter trabt durch die Straßen, der Leibjäger mit wehendem
Federbusche sitzt neben dem Kutscher, Lakaien stehen auf dem hinteren
Trittbrette: Der König selbst fährt an uns vorüber! Und blicken
wir nach den Firmen in den geschäftsreichen Straßen, so finden wir
den Hofbäcker und Hofsattler, den Hofjuwelier und die Hofapotheke
außer vielen anderen Hofgewerben vertreten. Hofburg und
Hofkirchen, Hoftheater und Hofgewerbe und das
Hofleben drücken zur Genüge aus, daß wir uns in der
Residenz-(„Hof-stadt unseres Landes befinden.
5. Der sächsische Hof hat von jeher seine Ehre darin gesucht,
in dem Volke den Sinn für das Schöne zu pflegen und die
Residenzstadt Dresden zu einem Sitze der Künste zu erheben.
Auf den freien Plätzen der Stadt erheben sich überall Denkmäler
aus Metall oder Stein, die geschichtliche Ereignisse oder Personen
in würdiger Darstellung verkörpern. Dort, wo an der Elbe eine
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