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stein“ genannt, da er den Treppenaufgang enthält. Im Innern des
Schlosses öffnen sich uns außer Küchen und Kammern besonders
prächtige Zimmer und Säle. Alle Räume sind, mit Ausnahme des
Dachgeschosses, kunstvoll gewölbt und werden wohl auch durch Pfeiler
getragen. Am schönsten ist der große Festspeisesaal (Bankettsaal)
geschmückt, in dem wir die Gemälde vom Prinzenraub, an den Wand-
pfeilern die Standbilder hervorragender Sachsenfürsten, an den drei
freistehenden Säulenschäften blanken Wappenschmuck, altdeutsche Tesche
und Stühle und fürstliche Möbel erblicken. Die beiden Brüder
Ernst und Albert sind die Erbauer des Schlosses. Sie wollten
gemeinsam in ihm wohnen und hier „eines Tisches und einer Schüssel"“
gebrauchen. Nach der Teilung ihrer Länder (1485) aber bewohnte
es nur Albert allein, wenn seine vielen Kriegszüge ihn nicht in der
Ferne hielten, war er doch des deutschen Kaisers tapferer „Banner-
meister“. Das Schwert in der Linken gefaßt, die Reichsfahne mit
der Rechten haltend, steht nun sein Standbild, von einem Meister
aus Bronze gegossen, auch heute in dem Hofraume des Schlosses.
Nach diesem Helden hat es später (1676) den Namen „Albrechts-
burg"“ erhalten. Und heute ist es wieder zu einer „Albertsburg“
geworden, da es unser verstorbener, hochherziger König durch Dresdner
Künstler in alter Pracht erneuern ließ (1875). Von Heinrich I.
an, dem deutschen Kaiser, bis zu Albert hinauf, dem
sächsischen König, hat also der Schloßberg diewichtigsten
Ereignisse aus der Geschichte unseres Vaterlandes mit
erlebt.
4. Mit dem Schlosse ist die Gründung der Domkirche auf
dem Schloßberge räumlich und zeitlich innig verwachsen. Auch sie
hat ja Kaiser Heinrich I. (933) zu einer Leuchte auf dem Berge
gegründet. In ihr sollte die Lehre unseres Heilandes verkündet und
dann von hier aus zu den Slaven getragen werden, die auf ihren
Bergen noch den heidnischen Göttern dienten. Alle christlichen Geist-
lichen der Umgebung von Meißen wurden einem Bisch of unterstellt,
für den später neben dem Dome auch ein stattlicher Palast er-
richtet wurde. Doch der alte Dom steht nicht mehr vor uns. An
seiner Stelle ist im Laufe der Jahrhunderte ein neues Gotteshaus
entstanden. In edler Einfachheit und Würde steigen die Wände,
von Portalen geöffnet, von hohen Fenstern durchbrochen und von
Säulen geschmückt, vor unseren Blicken auf. Der Anlage des Domes
liegt die Form des Krenzes zugrunde. Von dem hohen Chor
(Altarplatz) wird die Spitze, von den seitlichen Erweiterungen werden
die Arme, vom Schiffe wird der Schaft und vom breiten Turme der
Juß des Kreuzes gebildet. Dieser Turm trug früher drei himmel-
anstrebende Pyramiden. Doch der Blitzstrahl hat sie vernichtet, und
sie sind noch nicht wieder erstanden. Nun erhebt sich der Unterbau
der Türme wie ein Stamm, dessen Krone gebrochen ist. Er wird an
Stelle der Spitzsäulen von einer flachen Abdachung und einem
gotischen Geländer abgeschlossen. Nur ein Turm des Domes hat