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sich aus früherer Zeit noch erhalten. Er steht etwa in der Mitte
des Domes und läuft in eine achtseitige Pyramide aus, die an der
Außenseite eine stumpfe Brechung der Linien zeigt, wo sich die letzte
Verjüngung der Spitzsäule an das erste Stockwerk setzt. Im Volks-
munde wird der Turm daher der „höckrige“ genannt. Ist aber auch
die äußere Erscheinung des Domes zur Zeit noch unvollendet und
erst für die nächste Zukunft der Turmbau geplant, so zeigt er sich
doch schon jetzt im Innern als ein kunst= und weihevolles Gottes-
haus. Fünfzig Säulen stützen das hohe Gewölbe. Durch breite
Fenster und Rosetten gießt die Sonne ihr Licht in die Hallen, und
ein klangvolles Orgelwerk erfüllt den weiten Raum mit vollen Tönen.
Der Fußboden ist mit Grabplatten der Bischöfe bedeckt, unter denen
wir besonders Bennos (F 1107) auch jetzt dankbar gedenken, da
er nicht bloß für Ausbreitung der christlichen Lehre, sondern auch
für Anpflanzung von Obst und Reben auf den Bergen und in den
Tälern unseres Vaterlandes sorgte. In der Fürstenkapelle am
breiten Turme (und in einem seitlichen Grabgewölbe) aber ruhen
die Gebeine der sächsischen Fürsten von Friedrich dem Streitbaren
an bis zu Georg dem Bärtigen. Auch hier sind die Gräber mit
einfachen Messingplatten bedeckt, und nur auf der Grabstätte Friedrichs
des Streitbaren ruht die lebensgroße Figur des Toten im kurfürst-
lichen Schmuck und von Wappen umgeben. Mögen nnn auch die
früheren Altäre (56), Heiligenreste (Reliquien im Werte von 100 000
Talern), Domherren und Meßpriester (gegen 200) aus der heiligen
Stätte verschwunden sein, immerhin bleibt der Meißner Dom
in seinem äußeren Aufbau, seinem inneren Schmuck
und seinen geweihten Grabstätten eines der schönsten
Gotteshäuser unseres Vaterlandes.
5. Berühmter noch als durch Schloß und Dom ist Meißen
aber durch sein Porzellan geworden, das aus einer besonderen
Erdart bereitet wird. Die Porzellanerde ist von weißer Farbe und
leicht in den Händen zerreibbar. Sie entsteht durch Verwitterung
feldspathaltiger Felsen und wird in reichen Lagern besonders bei
den Dörfern Seilitz und Garsebach südwestlich von Meißen ge-
wonnen. Um die feineren Teile der Erde von den gröberen zu
sondern, wird sie gründlich im Wasser gerührt und in großen Kübeln
und Siebgängen geschlemmt. Da aber die weiche Masse noch nicht
schmelzbar ist, mengt man sie weiter mit unverwittertem Feldspat,
nachdem dieser geglüht und fein gemahlen worden ist. Ist dann
dem Gemenge noch Wasser und Luft ausgetrieben, so ist durch diesc
Vorarbeiten eine gleichmäßig dichte, sehr bildsame Masse gewonnen
worden. — Diese wandert nun sofort auf die Drehscheibe, auf der
Teller und Tassen ab= und ausgerundet werden. Für andere
Porzellanstücke aber muß erst eine besondere Form aus Gips gebraunt
werden. Zu deren Herstellung dient eine Tonfigur zum Muster, die
dem gewünschten Stücke gleicht. — Die geformten Stücke werden
darauf mit besonderen Tonhülsen umschlossen, da das Porzellau
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