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niemals unmittelbar dem Feuer ausgesetzt werden darf. Diese Kapseln
bestehen aus Ton und sind in einem Ofen hartgebrannt worden.
Der Brennofen zeigt drei Etagen, die durch Wölbungen voneinander
getrennt, durch Offnungen untereinander verbunden werden, so daß
die Glut aus dem Feuerraume bis in die oberen Teile des Ofens
dringen kann. In den mittleren Etagen erhält das Porzellau den
ersten Brand. Einfachere Stücke werden dann sofort mit blauer
Kobaltfarbe bemalt und bekommen als Fabrikzeichen die gekrenzten
Schwerter. Darauf taucht man sie in eine dünnflüssige Glasurmasse
ein, die auf den Gefäßen in der Hitze des unteren Ofenraumes
verhärtet. Die besseren Porzellangeschirre aber werden erst mit
metallischen Farben bemalt und vergoldet, wenn sie bereits die Glut
der 1. Ofenlage erduldet haben. Fertige Stücke werden dann in
einem Saale der Meißner Fabrik ausgestellt, in der Königlichen
Handlung zu Dresden zum Verkaufe geboten und wandern als
kostbare Schätze der heimischen Industrie in alle Welt. Die Porzellan-
masse hat Joh. Friedr. Böttger erfunden, als er für Kurfürst
August den Starken goldene Schätze aus der Erde zaubern sollte.
Dieser wies dem geschickten, aber unruhigen Manne die Albrechts-
burg zu Meißen (1710) als erste Werkstätte zu. Erst im Jahre 1863
wurde die Fabrikation aus dem Schlosse in die schöneren und
zweckmäßigeren Räume eines besonderen Gebäudes im Triebischtale
verlegt. Hier wird nun gegenwärtig die Fachschule für Porzellan=
arbeiten von gewerbfleißigen Schülern besucht, und über 700 Beamte
und Arbeiter stellen ihre leiblichen und geistigen Kräfte in den Dienst
der Porzellanfabrikation, die unserm Staate jährlich einen Rein-
gewinn von etwa 1½ Million Mark einbringt. Mag es
Arbeitern und Künstlern und der Leitung des ganzen
Betriebes gelingen, einen Zweig sächsischen Gewerb-
und Kunstfleißes auf der Ruhmeshöhe zu erhalten,
die er heute erreicht hat.
Schlußzusammenfassung: Nun werdet ihr in der Haupt-
sache wohl auch den alten Spruch verstehen, der die Vorzüge
Meißens reimend zusammenfaßt: „Die Stadt hat einen zahlreichen
Kirchgang, lehrreichen Schulrang, weitreichenden Gerichtszwang,
lustreichen Spaziergang, hallreichen Glockenklang, liebreichen Vogel-
gesang, lustreichen Fischsang, wasserreichen Schiff-, Floß= und
Mühlgang, fruchtreichen Anhang, ungemeinen Weinschank und kern-
reichen Scheuerklang.“
IV. Lehrdichtung: (Aus „Der Besuch aus Thüringen“, von R. Kretschmer.)
1. Umkreist von Rebenhügeln 2. Empor zu seinem Schutze
Liegt Meißens alter Dom, Zur Seite ragt das Schloß,
Den krause Wellen spiegeln Das Heinrich einst zum Trutze
Im blauen Elbestrom. Gebaut dem Heidentroß.
Entrissen Stürme Noch schöner heute
Die Zier der Türme, Blickt's in die Weite,
Das Denkmal frommer Zeit Durch König Alberts Gunst
Steht doch in Herrlichkeit. Ein Werk verjüngter Kunst.