— 180 —
Acker, den zwar der Pflug leicht durchzieht, der aber doch nur
dürftige Eruten gibt. Dünn steht das Korn, aber der Buchweizen
blüht üppig, und die Kleeblumen duften, von Bienen umschwärmt.
Hinter dürftigen Obstbäumen schauen die Stroh= oder Ziegeldächer
der Dörfer hervor. Aber diese zählen nur wenige Güter und sind
spärlich bewohnt. Aschenurnen und Tränenkrüglein ruhen oft
schichtenweis in sandigen Höhenfalten und erinnern uns an den
Frieden, den frühere Geschlechter hier gefunden. Die Schanzen aber,
die in Bogenform der Ebene entsteigen, mahnen an den Kampf, der
zwischen deutscher und flavischer Bevölkerung in früheren Jahr-
hunderten auch in der Niederung getobt hat. Später ist sie ost der
Schauplatz friedlicher Truppenübungen gewesen. Unter Friedrich
August I. vereinigte im Jahre 1730 das vielgefeierte Feldlager von
Radewitz (gewöhnlich Lustlager zu Zeithain genannt) nicht nur die
prachtvoll ansgestatteten Regimenter, sondern auch eine stattliche Reihe
von Fürsten und Herren. In den Septembertagen des Jahres 1882
fanden hier auch Parade und Manöver des sächsischen Armeekorps
vor Kaiser Wilhelm l., dem deutschen Kriegsherrn, statt. Ja, auch
heute dröhnt Kanonendonner über die Fluren, wenn unsere Artillerie
hier ihre Schießübungen hält. Eben und niedrig ist also die
Form des Bodens, lehmig und sandig die Bodenart,
moorig und waldig die Bodenhülle, bequem die Boden-
bestellung, dürftig der Bodenertrag, eigenwillig
gewunden die Bodenbewässerung, schwach und ländlich
die Bodenbesiedelung, kriegerisch und friedlich sind
die Bodenerinnerungen. Das ist ein allgemeines
Bodenbild des niederen Elb= und Rödergebietes.
2. Diese wenig ergiebige Landschaft breitet sich vor allem rechts
der Elbe aus. Auf dem linken Ufer dagegen entfaltet sich in dem
Lößboden ein Fruchtgefilde, das seinesgleichen im Lande sucht.
Der Nadelwald ist geschwunden, und nur kleinere Laubhaine begleiten
die trägen Gewässer. Die Lommatzsch, Jahna und Döllnitz
sind es, welche die Quellabflüsse der südwestlichen Höhen oder Teiche
sammeln und das Wasser dann in östlichem Laufe der Elbe zuführen.
Gras= und Blumenmatten zeigen in ihrer lebhaften Färbung den
Gang dieser fischreichen Flüßchen au. Auf den bräunlichen Schollen
der Felder aber erhebt sich ein dichter Wald saftigen Klees, üppige
Krantblätter schließen sich zu einem umfänglichen Kopfe zusammen,
die Weberkarde setzt auf dem Fruchtknoten ihre biegsamen Häkchen
an, und die Weizenähre reift in der Sommersonne ihre mehlreichen
Körner aus. Fruchtbeladene Kirsch= und Pflaumenbäume ziehen
sich in langen Reihen an den Feldgrenzen und Straßen dahin oder
treten zu engeren Gruppen zusammen, um die behäbigen Dörfer zu
umgeben. Stattliche Güter mit villenähnlichem Herrenhause treten
aus Blumen= und Gemüsegärten hervor. Wohlgenährte Rinder
füllen die Ställe und schwere Garben die Scheuer. Der alttestament-
liche Segensspruch: „Gott gebe dir vom Tau des Himmels und von