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Die Zschopau hat unter allen vaterländischen Flüssen das
stärkste Gefälle. Seht nun auch die Richtung des Laufes auf
der Karte an! In welcher Hauptrichtung fließt denn die Zschopan
von der Quelle nach der Mündung hin? Welche Eigentümlichkeit
zeigt also ihr Lauf, wenn ihr ihn mit demjenigen der Nachbarflüsse
vergleicht? Kein anderer unserer vaterländischen Flüsse kann in der
Weise wie die Zschopau sprechen: „Mein Weg muß grad’ sein!"“
Welche Eigenschaft muß die Zschopan besitzen, da sie geradenmwegs
nach ihrer Mündung eilt? Gibt euch nicht die Quellenlage auch
eine natürliche Erklärung für diese angeborene Kraft? Nun prüft
weiter die Art des Gesteins, durch welches sich die Zschopan den
geraden Weg bahnt! Es besteht vorzugsweise aus Glimmerschiefer
und Gneis, also aus zwei ziemlich harten Felsarten. Was setzten
diese dem Vordringen der Zschopau überall entgegen? Was hat sie
sich aber trotz der Hindernisse durch die Felsenschichten gegraben?
Wie kannst du dieses Tal nun nennen, das durch einen kräftigen
Durchbruch des Wassers gebildet wurde? Die Zeugen des Kampfes
zwischen Wasser und Fels werden uns an den Ufern des Flusses
überall begegnen. Ihr werdet nun auch das wilde Schäumen,
Nauschen und Brausen des Wassers wie eine Sprache des Flusses
verstehen, in der er uns von seiner Geschichte und Natur erzählen
will. Mit Recht hat der Fluß auch seinen Namen verdient; denn
Zschopan heißt die „Tosende“. Zusammenfassung über Gefille,
Laufrichtung und Durchbruchsnatur der Zschopau.
2. Betrachten wir nun zunächst die obere Strecke des Flußlaufes!
In großer Eile verläßt die Zschopau ihr hohes Quellgebiet. Sie
„stürzt vom Fels in wildem Lauf“. Die erste Stadt, die wir an
ihrem steinichten Wildbett finden, ist Schlettau (3½ T.). Wie die
deutsche Erklärung des Namens, den wir mit „Sumpfort“ übersetzen,
andentet, lag die Stadt früher in einer feuchten Niederung der Zschopan.
Gegenwärtig aber nimmt sie die Kraft des jungen Flusses in den
Dienst für ihren Fabrikbetrieb (Knochen-, Maschinen-, Holzpappen-
fabrikk. Nachdem dann die Zschopan ihr auffälliges Flußknie (bei
Tanmenberg) gebildet, gesellt sich ihr die Sehma zu, die in einer
Höhe von fast 1200 m am oberen Fichtelberge entspringt. Kein
Wunder, daß dieser höchste Quellfluß Sachsens von Wetter und
Winter oft so reichlich mit Wasser gespeist wird und besonders im
Frühjahr eine so überschäumende Wasserfülle gewinnt, daß sie inner-
halb der Sehmaorte, die sich mit ihren Mühlen, Holzschleifereien
und Pappenfabriken, sowie mit ihren freundlichen Wohnhäusern lang
an ihr hinziehen (Neudorf, Cranzahl, Sehma, Buchholz, Annaberg).
durch feste Steinmauern gezähmt werden muß. Im Gegensatze zu
diesem Wildwasser und der wilden Bergnatur überhaupt steht das
liebliche Wiesenbad, das sich vor der zweiten Umbiegung der Zschopan
bei der Einmündung der Pöhla am rechten Ufer einbettet. Ein
Tempelchen umschließt die Heilquelle, die gleichmäßig stark in einer
Wärme von 26 0 C aus dem Steinboden bricht. Um sie herum erheben