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die jüugste Stadt Sachsens (8 T.), in reizender Waldlage am Wasser
der Flöha. Folgen wir dem Flusse zu dem zweiten Teile seines
Laufes, der auf der Karte eine nordwestliche Richtung zeigt, so tritt
zunächst mitten aus dem Waldesgrün bei Lengefeld die kleine Burg
Rauenstein wie ein Gruß ans mittelalterlichen Zeiten hervor,
dann aber breitet sich das nette Gebirgsdorf Grünhainichen mit
villenartigen Gebäuden auf sanften Wiesenhöhen aus, das uns noch
einmal zu den fleißigen Händen führt, die Holzwaren auch für unsern
Markt bereiten. Wir aber haben in der Flöha einen Fluß
gefunden, der sich ebenso durch seine reizende Wasser-,
Wiesen= und Waldlandschaft, wie durch aumutige Burgen
und Industriesitze auszeichnet.
5. Nun bleibt uns noch ein kurzer Blick auf die Landschaft
übrig, welche sich zwischen das Haupttal der Zschopau und das
Nebental der Flöha wie ein Dreieck einfügt, ein Land zwischen den
Flüssen, ein sächsisches Mesopotamien. Vom Hirtstein (889 m) am
Kamme des Erzgebirges streckt sich hier ein Gebirgszug nordwärts
bis zum Schellenberge vor. Dieser ragt als Porphyrfelsen
515 m hoch zwischen den Flüssen als ein geborner Herrscher des
Flußstückes auf, leicht gegen Angriffe zu sichern und weithin Umschau
haltend. Auf seinem Nordosthange trägt er das Städtchen Augustus-
burg (2½ T.). Uber ihm aber glänzt eine Burg weit hinein in die
Lande, die vom Vater August (1569) auf den Trümmern eines
alten Bollwerkes errichtet wurde, das Kaiser Karl der Große gegen
die Wenden aufgetürmt haben soll. Sie sollte ein Siegesdenkmal
für die erfolgreichen Feldzüge des Kurfürsten werden, der als
Oberfeldherr seines Kaisers in den Jahren vorher nicht bloß Städte
(Gotha), sondern auch fehdelunstige Ritter (Grumbach) bezwungen.
In seiner Glanzzeit war das Schloß mit über 1000 künstlichen und
natürlichen Tierköpfen geschmückt und drückte damit seine eigentliche
Bedeutung als fürstliches Jagdschloß ans. Fünf große Säle öffneten
sich in ihm für die festlichen Gelage. (Küchen-, Tanz-, Venus-,
Speise,, Fürstensaal.) Heute steht es in nüchterner Form als ein
qnadratischer Bau vor uus, dessen Langseiten sich nach den 4 Himmels-
gegenden wenden. Die Eckgebäude sind mit je einem einfachen Turme
gekrönt und tragen aus früherer Zeit noch die bezeichnenden Namen:
Sommerhaus (wegen der kühlen Lage in N.-W.), Lindenhaus (nach
der schon unter Friedrich dem Streitbaren 1421 gepflanzten Riesen-
linde), Hasenhaus (zur Erinnerung an die Bilder von Hasen, die
an den Wänden von Kaminen in allerlei menschlichen Verrichtungen
dargestellt werden) und Küchenhaus (wegen des großen Küchenraumes).
Auf der Ostseite steht die Schloßkapelle, die für die ersterbaute pro-
testantische Kirche in Deutschland gilt, und im Schloßhofe senkt sich
ein Brunnen 170 m tief in den Felsen. Eine Wasserleitung hat ihn
jetzt entbehrlich gemacht. In Wahrheit ist diese Augustusburg eine
Leuchte auf dem Berge geworden und ein Auge des Landes, das
nicht nur nach den Höhen im N. und dem Gebirge im S. Sachsens