Full text: Landeskunde des Königreiches Sachsen. Ausgabe A.

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wichen aus den Holzfasern der Wasserstoff und Sauerstoff, der Kohlen- 
stoff aber blieb zurück, und die Kohlenschichten waren durch 
diesen Naturvorgang gebildet. Angesichts dieser gewaltigen, 
wechselvollen Erscheinungen früherer Jahrtausende werden wir wohl 
an das Wort des Pfalmisten erinnert: Himmel und Erde werden 
vergehen. Sie werden veralten wie ein Gewand. Sie werden ver- 
wandelt wie ein Kleid, wenn du sie verwandeln wirst (Ps. 102, 27). 
Wiederholung. 
6. Die Schätze, welche die Natur mit geheimnisvollem Schaffen 
in unserm Becken gesammelt, aber mit einer unscheinbaren Schale 
oberflächlich bedeckt hat, suchen nun die Anwohner des Beckens in 
reger Arbeit zum Lichte zu heben und für ihre Lebenszwecke zu ver- 
werten. In tiefem Schachte steigt der Kohlenbergmann zu den 
unterirdischen Lagern nieder, arbeitet seitliche Gänge aus, stützt die 
Wände mit Pfosten und Pfählen, schwingt die Spitzhacke mit nerviger 
Faust, um die Kohlenblöcke zu gewinnen, und fährt sie in kleinen 
Wagen zu dem Förderschachte, in welchem sie in Kübeln durch 
Dampfmaschinen nach der Tagesöffnung gehoben werden. Welch 
reges Leben auf einigen Revieren im Kohlenbecken herrscht, könnt 
ihr daraus ermessen, daß in der Umgebung Zwickaus allein 200 
Dampfmaschinen im Bergbetriebe arbeiten und gegen 10 Tausend 
Arbeiter unter oder über der Erde beschäftigt sind! Hier ist ein 
Stück des sächsischen Bodens, das uns den betriebsamen Fleiß unseres 
Volkes zeigt, dessen Schweiß die Erde tränkt. Aber der Abbau der 
Kohle ist eine unreinliche, mühevolle und gefährliche Arbeit! Warum 
wohl so unreinlich? Die dunklen Gestalten, die aus dem Schachte 
steigen, zeigen es uns! Warum wohl mühevoll? Das Gewicht der 
Spitzhacke würde es euch lehren! Warum wohl gefährlich? Die 
„bösen und schlagenden Wetter“ hindern neidisch das Vordringen der 
Menschen in die Tiefen, die trotzdem bereits bis auf 800 m er- 
schlossen sind! Mit „Wctter" bezeichnet der Bergmann überhaupt die 
Luft des Schachtes. Böse neunt er die Luft, wenn sie ihm das 
Atmen versetzt und mit dem Tode des Erstickens droht, da sie mit 
Kohlensäure erfüllt ist. Schlagend aber nennt er sie, wenn sie (nach 
Berührung mit einer Flamme) sich entzündet, sobald sich Kohlen= 
wasserstoff in größerer Menge in ihr angesammelt hat, und das 
Leben des Bergmannes vernichtet. Ahnungslos arbeitete am 23. Jannar 
1885 eine Belegschaft von 17 Mann im Idaschachte bei Hohndorf 
in unserm Kohlenbecken. Da entzündete sich auf noch unerklärte Weise 
plötzlich die Luft, und, von schlagenden Wettern getroffen, stürzten die 
kräftigen Männer, mit Brandwunden bedeckt, mitten im schweren Be- 
rufe zu Boden. 13 Witwen und 34 Kinder trauerten um die Bäter, 
die in schwarzen Särgen auf dem Friedhofc zu Lichtenstein zur 
Ruhe gebettet wurden. Ihr Kinder, da werden wir im Gegensatze 
zu den Jahrtausenden der Erdbildung an die flüchtige Kürze des 
Menschenlebens erinnert, und ungerufen stellt sich das andere Wort
	        
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