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des Psalmisten nus ein: Der Mensch fährt dahin wie ein Strom —
(Ps. 90, 5. 6). Wiederholung.
7. Aber über den Toten flutet das Leben nnaufphörlich weiter
fort. Es ruft auch uns zu den Lebenden zurück, die sich in dem
Kohlenbecken angesiedelt und besonders in der Stadt Zwickau in der
stattlichen Zahl von fast 60 Tausend angesammelt haben. Und wie
unbedentend war doch der Ort, als er vor etwa 800 Jahren in dem
Becken von den Slaven gegründet wurde! Für Anlegung der Ortschaft
war von der Natur selbst eine ganz bestimmte Richtschnur gegeben.
Welches ist nämlich die stärkste Flußader in der Bodensenkung? Wo
liegt die Mitte ihrer westlichen Ausbiegung? Während sich weiter auf
der rechten Seite der Mulde die Ufer steiler erheben und dem An-
bau wehren, breitet sich auf der linken Seite ein flaches Gefilde aus,
das seit alters das „Schwanenfeld“ heißt. Hier entstand der Ort
Zwickan und hat sich nach dieser Seite hin immer weiter aus-
gedehnt. Denn ursprünglich war die Ansiedelung ein wichtiger Ver-
kehrspunkt, an dem die Handelszüge von Nürnberg nach Leipzig
Halt machten, wenn sie von der Gebirgswanderung her das Becken
betraten. Der Name der Stadt mag euch daran erinnern, da Zwickau
„Markt“ bedeuten soll. Vom Handel begünstigt, siedelten sich dann die
Gewerbe an, unter denen besonders die Messerschmiede, welche die
Kohle nach alten Urkunden zunächst verarbeiteten, und die Tuchmacher
zu nennen sind, au die uus das Gewandhaus an der Marktecke er-
innert. Wo Handel und Gewerbe blühen, da müssen auch Schulen
die Bildung fördern. Die alte Gelehrteuschule Zwickaus wurde
schon von Luther als eine Krone in den kursächsischen Landen ge-
priesen. Der fromme Sinn der Bürger und Bergleute aber drückte
sich in der Gründung der schönen Marienkirche aus, deren Decke
schlanke, achtseitige Säulen stützen, und deren bunte Glasfenster ein
wunderbares Licht in die inneren Hallen werfen. Weiterhin aber
ist die Erschließung der Kohlenschätze die natürliche Bedingung zu
einem mächtigen Handelsbetriebe in der Gegenwart geworden.
Werden die Kohlen doch täglich auf 200 Zügen nach allen Himmels-
richtungen hin versendet! Sie haben auch vielseitig neuere Fabrik-
betriebe veranlaßt, unter denen ich heute nur die Koksbereitung,
die Fabrikation künstlicher Steine und die Gewinnung der Olfarben,
besonders für die Spielwarenfabriken des Erzgebirges geeignet, nennen
will. Seht, so ist Zwickan eine alte und neue Verkehrs-
stadt, eine Gewerbe= und Handelsstadt, eine Stadt be-
rühmter Schulen und Kirchen, eine Kohlenstadt gewordenl
Sie bildet auch gegenwärtig besonders einen Ruhesitz für die
Kohlenbauern, deren prächtige Villen den alten Stadtkern unter
anderm am Schwanenteiche umstehen. Wiederholung.
8. Am großartigsten entfaltet sich aber das Getriebe doch erst
in Cainsdorf bei Zwickau. Dort erheben sich eine Anzahl rauch-
geschwärzter niederer Gebäude, die in unserem Kohlen= und Eisenzeit-
alter gegründet worden sind und es mit unterhalten. Hier werden