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mit Hilfe der Kohlen in Hochöfen die Eisenerze geschmolzen. Hier
wird die unreine Eisenmasse in der „Bessemerhütte“ gereinigt und
dann zu gutem Stahle gehärtet. Hier werden die spröden Massen zu
Eisenbahnschienen ausgewalzt, zu Platten geschmiedet, gebohrt, gefeilt
und gehobelt, als wären sie Holz oder Papier. Das ist ein emsiges
Pochen und Hämmern, ein Sprühen der Funken und ein Blasen der
Bälge!l Es ist, als wäre die geträumte Unterwelt der alten Heiden
im Kohlenbecken auf die Oberfläche der Erde gestiegen und feierte
hier in der Königin-Marienhütte ihre Feste! Und in der Tat
macht sich die geheimnisvolle Unterwelt in der Nähe dieser Hütte
geltend. Ganz warm fühlt sich ja der Erdboden an bestimmter Stelle
an, und Dämpfe entsteigen der braunschwarzen Scholle! Wie sollen
wir diese auffällige Erscheinung erklären? Ein ähnliches, aber noch
viel größeres Wunder aber ist vor etwa 30 Jahren in unserm Kohlen=
becken verschwunden. Bei Planitz (Ober und Niederplanitz), süd-
westl. von Zwickau, herrschte seit der Reformationszeit ein größerer
Kohlenbrand, der, wenn er erloschen schien, unheimlich immer wieder
von neuem hervorbrach und die entwickelte Wärme sogar in Röhren
fassen ließ, durch welche Palmen= und Ananasanlagen geheizt wurden,
sodaß es möglich war, auch in Sachsen unter Palmen zu wandeln. Mit
dem vorläufigen Erlöschen des Brandes ist nun freilich diese ganze
Herrlichkeit vorüber. Trotzdem aber wandeln wir heute noch im Becken
wenigstens auf palmenähnlichen Pflanzen, die zu Kohlen verdichtet
worden sind. Wiederholung.
Schlußzusammenfassung: Eingebettet zwischen dem Nord-
rande des Erzgebirges und dem Südrande des mittelsächsischen Berg-
landes, wie ein Füllhorn zwischen Werdau und Hainichen aus-
gebreitet, von unscheinbarem Naturausdruck an der Oberfläche,
schichtenförmig im Innern aufgebaut, gegenmwärtig in seinen abbau-
würdigen Flözen erschlossen, vom Walten und Wirken der Anwohner
belebt, mit wunderbarem Weben der Natur ausgestattet, bildet das
erzgebirgische Kohlenbecken eines der merkwürdigsten Stücke unseres
sächsischen Landes.
IV. Lehrdichtung:
1. Am Fuß der Berge liegt seit tausend Jahren
Und abertausend tief versenkt ein Feld.
Einst hat auch dies der Sonne Licht erhellt,
Nun aber wird's in Schacht und Stollu befahren.
2. So schwarz wie Pech, der Flamme beste Nahrung,
Uralter Wälder rätselhafter Rest,
In dichten Massen lagernd, felsenfsest,
So steigt es aus der langen Nacht Bewahrung.
3. Doch allzu oft nur rächen sich die Tiesen
An dem Geschlecht, das ihre Ruhe stört.
Tod bringt, mit wilder Flammen Kraft bewehrt,
Der Geister Zorn, die durch Nonen schliefen.
EC'