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einstellen und die zerrissenen Fäden knüpfen. Daranf wandert das
Baumwollengespinst in die Webfabrik, in der es auf mechanischen
Stühlen zu leichtem Kattun oder zu schwerem Barchent verarbeitet
wird. Gegenwärtig mischen die Fabrikanten dem Baumwollenfaden
gern Wolle, Seide oder Jute bei und weben wohl auch Muster in
die Stoffe ein, so daß Tischtücher, Kleider= und Möbelstoffe entstehen,
die dann nach deutschen Orten und außerdeutschen Ländern versendet
werden. Diese vielseitige Tätigkeit, welche die Flocken
zu Fäden dreht und die Fäden zum Gewebe verbindet,
fafsen wir unter dem Ausdrucke: Spinn= und Web-
industrie zusammen, für die eben Chemnitz ein Haupt-
platz ist. ·
.t.WirsuchenfernerdieSächsischcMaschinenfabrikauf,
die am Schloßteich einen ganzen Stadtteil bildet, da sie ans 60
Gebänden besteht, gegen 300 Beamte und 5000 Arbeiter beschäftigt.
Und doch ist sie die Schöpfung eines schlichten Mannes, Richard
Hartmanus, der im Elsaß geboren wurde und (1832) als armer
Schmiedegesell in Chemnitz einwanderte. Durch die größte Sparsam-
keit und durch eisernen Fleiß, durch festen Willen und scharfen Verstand
arbeitete er sich selbständig bald zu dem größten Fabrikherrn in
Chemnitz auf. Die gesamte Werkanlage der Fabrik gliedert sich
in Einzelsäle mit eigenartigen Betrieben. In dem einen Saale werden
Eisenstangen zu Walzen oder Teilen des Schwungrades abgedreht,
Gewinde geschnitten und Zylinder gebohrt. In einem andern werden
Eisenplatten gehobelt, daß sich die Späne rollen. Die Stoßmaschine
schlägt Löcher in die Schienen, und der Dampfhammer krümmt die
Platten zu Kesseln oder Rohrteilen, die dann Arbeiter von außen
und innen her zusammennieten. Im Maschinensaale, dessen luftiges
Dach von Eisensäulen getragen wird, stellen Arbeiter in den seitlichen
Räumen die einzelnen Maschinenteile her und befördern sie dann
durch Krane in den Mittelraum, wo sie zu Lokomotiven zusammen-
gesetzt werden. Auch in dem Werkzeugsaale stellen Dreh-, Bohr-,
Hobel= und Schlagmaschinen die verschiedenen Werkzeuge her, die
dann in den Werkstätten und Fabriken aller Länder ihre Verwendung
finden. Das ist ein lärmendes Hämmern und Hobeln, ein Schmelzen
und Schlagen, ein Feilen und Schleifen, wodurch die Festigkeit des
Eisens und die Härte des Stahls spielend überwunden wird. So
vielseitig aber auch die Maschinenbetriebe sind, es ist ein Geist, der
alles lenkt. Und so vielartig auch die Ansprüche sein
mögen, die Land und Meer an die Fabriken stellen, es
ist ein Ort, der sie alle befriedigt: Chemnitz, der
Hanuptsitz des sächsischen Maschinenbaues.
5. Wenn sich aber auch diese großartigen Anlagen aus der Kraft
eines tüchtigen Mannes heransgearbeitet haben, so muß doch immer-
hin für die Ausbildung anderer Kräfte gesorgt werden, um die Be-
triebe auf ihrer Höhe zu erhalten. Diese geistige Hebung des
Chemnitzer Fabrikbetriebes sucht unser Staat vor allem durch Gründung