82 II. Verfassung des Deutschen Reiches.
Das eigentümliche Wesen der Post beruht in dem Post-
zwange: es ist dies die ausschließliche Berechtigung der Post,
die Beförderung aller versiegelten, zugenähten oder sonst ver-
schlossenen Briefe und aller Zeitungen politischen Inhalts,
welche mehr als einmal wöchentlich erscheinen, zu übernehmen.
Freigegeben ist dagegen die gewerbsmäßige Beförderung von
1. Personen auf Landwegen, 2. nichtpolitischen Zeitungen,
3. politischen Zeitungen im zweimeiligen Umkreise ihres Ur-
sprungsortes oder innerhalb der Grenzen eines Ortes.
Die Beförderung von Briefen innerhalb einer Stadt durch
Privatpostanstalten ist seit dem 1. April 1900 entfallen.
Ebenso nimmt nach dem Gesctze über das Telegraphen-
wesen des Deutschen Reiches vom 6. April 1892 (RGl.
S. 467) das Reich das Recht als ein Regal in Anspruch, aus-
schließlich Telegraphen mit und ohne Verbindungsleitungen
(drahtlose Funken-Telegraphie) und Fernsprecher anzulegen und
zu betreiben. Ausnahmeu bilden die Betriebstelegraphen der
Bahnen, sowie Anlagen innerhalb der Grenzen eines Grund-
stückes oder zwischen mehreren Grundstücken eines Besitzers.
In zielbewußter Weise hat seit Jahren die Post den Kreis
ihrer Wirksamkeit immer weiter gezogen und insbesondere durch
Einführung von Postaufträgen die Einziehung von Geld-
beträgen auf Wechsel und Quittungen sowie die Einholung
von Wechselakzepten durch Postbeamte ermöglicht. Postan-
weisungen können auch telegraphisch eingezahlt und im Wege der
Giroübertragung (s. S. 33) auf und vom Postgirokonto sowohl
ein= wie ausgezahlt werden. Hierzu ist 1908 eine Erleichterung
des Wechselprotestes durch die Einführung des Postprotestes
und 1909 die Einführung des Post-Uberweisungs= und Scheck-
verkehres unter Errichtung von 14 Post-Scheckämtern getreten.
Seit dem 1. Juli 1870 besteht die Postkarte im Bundes-
gebiete und seit dem 1. Jannar 1871 im Verkehr mit dem Aus-