Deutschland. 111
zu einem Bunde der Reaction gegen die constitutionellen Rechte und Freiheiten
in Deutschland überhaupt zu werden. Die deutsche Volkspartei stützt sich auf
das Volk, nicht auf die Cabinette. So wünschenswerth ihr zur Abwehr der Gewalt
die Uebereinstimmung zwischen Volk und Regierung in den deutschen Mittel- und
Kleinstaaten erscheint, so kann sie eine andere Grundlage jener Uebereinstimmung
doch nicht anerkennen, als den demokratischen Fortschritt und die Erkenntniß
der Wahrheit, daß die bedrohten Regierungen sich um ihrer selbst, wie
um Schleswig-Holsteins willen vereinigen müssen, den Anfang mit einer
deutschen Conföderation zu machen. Gestützt auf die Macht des Volksgeistes
kann dieselbe den Vorwurf einer beabsichtigten Anlehnung an das Ausland mit Ruhe
zurückweisen. Ereignisse, welche sich weder voraussehen, noch herbeiführen
lassen, werden ihren Einfluß auch auf die Bestrebungen der deutschen Volks-
partei äußern; diese wird in der deutschen Verfassungsangelegenheit eine Initia-
tive von Seiten der Regierungen im Sinne des demokratischen Fortschritts
und der föderativen Vereinigung eintretenden Falls nicht ablehnen; aber es
wäre nach den gemachten Erfahrungen nicht richtig, abermals ein Programm
aufzustellen, welches eine solche Initiative wesentlich zur Voraussetzung hat.
Ebenso wäre verwerflich, in der Erwartung kommender Dinge in Unthätig-
keit zu beharren, während die Ereignisse der Gegenwart wie die Eventualitäten
der Zukunft gebieten, daß man Partei nehme und sich nicht bloß des fernen
Ziels, sondern auch der möglichen, dahin führenden Wege bewußt werde. Die
deutsche Volkspartei wird, ihrem Wesen entsprechend, nicht in der Form eines
centralistisch organisirten und dirigirten Vereins nach dem Muster des National-
vereins, sondern unter dem Vorbehalt von Versammlungen der Parteigenossen aus
den verschiedenen Ländern, vorzugsweise durch die Thätigkeit derselben im
im eigenen Lande, in der daselbst statthaften und angemessenen Weise, mittelst
Versammlungen und Vereine, Presse und Landesvertretung auf die Beseitigung
der Hindernisse hinwirken, welche in den Einzelstaaten den freiheitlichen wie
den nationalen Fortschritt hemmen."
19. Sept. (Preußen). Eine Versammlung liberaler Abgeordneter zu
Berlin entscheidet sich für Nichtbetheiligung an der Abgeordneten-
versammlung zu Frankfurt, ohne sich indeß über eine dießfällige
gemeinsame Erklärung einigen zu können.
„ „ (Württemberg). Der offiz. Staatsanzeiger erklärt, daß sämmt-
liche Minister bez. der schlesw.-holst. Frage einig seien.
„ „ (Nassau). Die Regierung Winter hebt die Werren'schen Ver-
bote und Beschränkungen politischer Versammlungen wieder auf und
weist die Localstellen an, das Gesetz gleichmäßig für alle zu hand-
haben, auch ohne die äußerste Noth solche Zusammenkünfte weder zu
hindern noch polizeilich zu überwachen.
21. „ (Hannover). Graf Borries wird am Geburtstage des
Kronprinzen zum Präsidenten des Staatsraths, Bacmeister zum
Vicepräsidenten, Wermuth zum Mitgliede desselben ernannt. Die vier
liberalen Minister verlangen in Folge dieser Ernennungen ihre Entlassung.
„ „ (Preußen). Der (feudale) „Publicist" erklärt als Vorwort
zum neuen Quartal seinerseits ganz unumwunden:
„Woran wir festgehalten haben in diesen sieben Jahren (das Bestehen des
Blattes), das ist folgendes: Preußen muß in Deutschland herrschen
bis zur Maingrenze. Heute liegt die Frage so: Deutschland mit oder ohne
Oesterreich. Mit dem „deutschen Parlamente“ und dem „deutschen Volke“ ist
genau so wenig los, wie mit dem deutschen Bundestage. Will Preußen seine