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essen verfolgen könnte. Dabei stößt der Gouverneur die Möglichkeit weit von
sich, daß auch nur ein Fuß breit Land abgetreten werde, indem er erklärt:
„Jedes sieben Fuß lange Stück Erde decke ich, bevor es abgetreten wird, mit
meinem Leibe“, und fordert zur Vereinigung beider Nationalitäten Nordschles-
wigs, der deutschen und der dänischen, im Gedanken an das gemeinsame Vater-
land auf.
26. Sept. (Lauenburg). Der König von Preußen trifft in Ratzeburg ein,
28.
um in der dortigen Kirche persönlich die „Erbhuldigung“ entgegen
zu nehmen.
Superintendent Brömmel hält vor dem Altare die feierliche Anrede an den
König: „...Wir Lauenburger wissen, daß Ew. Maj. einen schweren Kampf
mit den Ideen der Zeit kämpfen, die von Christus und von jeglicher Obrig-
keit nichts mehr wissen und das Fleisch zur Herrschaft über den Geist setzen
wollen. Diesen Kampf — das weiß ich von vielen und sage ich für viele, die
hier amwesend sind — wollen wir Lauenburger mit Ew. Majestät kämpfen...."
Nun ergreift der Minister für Lauenburg, Graf Bismarck, das Wort und er-
bittet sich von Sr. Maj. dem König die Gestattung, mit der Erbhuldigung
vorgehen zu dürfen. Graf Bismarck verliest die Eidesformel und fragt die
anwesenden Vertreter der Ritter- und Landschaft, ob sie gesonnen seien, diese
„rechte Erbhuldigung“ zu thun, worauf der Erblandmarschall v. Bülow vor
den Thron tritt und mit zum Schwur ausgestreckten Fingern, nach Verle-
sung des vollständigen Titels der Könige von Preußen, den Eid leistet und
alle einzelnen zur Eidesformel Berufenen nach einander ebenfalls vor den
Thron treten und die verpflichtende Endformel des Eides wiederholen. Der
König nimmt diese Huldigung vor dem Thron stehend an. Nach der Huldi-
gung geht die Ritterschaft den Grafen Bismarck nach ihren Beschlüssen vom
18. d. M. an, bei Sr. Maj. die pure Bestätigung des Landesrecesses von 1702
und des Patents von 1853 zu veranlassen. Bismarck antwortet erst auswei-
chend, „er möge jetzt die hohe Festfreude des Königs nicht stören“, dann aber
sehr bestimmt, daß, wenn auf dieser Forderung beharrt werden sollte, er sich
vielmehr veranlaßt sehen würde, dem Könige die „sofortige Vereinigung des
Landes mit Preußen zu unterbreiten“.
28. „ (Nassau). Die II. Kammer erklärt sich einstimmig für Ver-
minderung der Beamten.
29. „ (Baden). Der Rücktritt des Ministers von Roggenbach wird
vom Großherzog angenommen.
Der in Frankfurt versammelte Ausschuß des Nationalvereins be-
schließt die Abhaltung einer Generalversammlung auf den 29. Oct.
in Frankfurt.
30. „ (Preußen). Graf Bismarck geht nach Paris und Biarritz, wo
sich zur Zeit auch der Kaiser der Franzosen noch aufhält.
1. Oct. Abgeordnetenversammlung in Frankfurt.
Anwesend sind aus Oesterreich 1 (Brinz), Preußen 8 (Pauli, Becker,
Cetto, Frese, Groote, Jablonsky, Lüning, Raffauff), Bayern 80, Württem-
berg 27, Baden 18, Sachsen 9, Hannover 10, Hessen-Darmstadt 23, Kur-
hessen 6, Nassau 21, Frankfurt 37, Braunschweig 3, Hamburg 2, Lübeck 1,
Lippe-Detmold 1, Altenburg 1, Coburg-Gotha 1, Weimar 2, Meiningen 2,
Schleswig-Holstein 19 (15 Holsteiner, 4 Schleswiger), Total: 272 Abge-
ordnete.
Antrag des 36er Ausschusses: „In Hinblick auf den Beschluß vom
21. Dec. 1863, worin 491 Mitglieder deutscher Landesvertretungen einstim-