Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechster Jahrgang. 1865. (6)

Gekerrrich. 189 
ßung bekannt, daß der Belagerungszustand am 18. April aufhören 
werde. 
21. März. Der Gemeinderath von Wien lehnt den Antrag, Wien zur 
reichsunmittelbaren Stadt zu erheben, mit 54 gegen 16 Stimmen ab. 
22. „ Reichsrath: Das Abg.-Haus nimmt den Antrag des Finanzaus- 
schusses, über den Antrag Vrints bezüglich der Behandlung des Bud- 
gets (s. 23. Febr. und 8. März) zur Tagesordnung überzugehen, 
ohne Debatte an und beschließt, unter Verwahrung gegen jedes Prä- 
judis, in bie Berathung des Budgets für 1866 einzutreten und dazu 
einen neuen Ausschuß zu wählen. 
24. „ Reichsrath: Das Abg.-Haus wählt den neuen Finanzausschuß 
für das Budget für 1866. Nachdem das ministerielle Centrum eine 
vorherige Verständigung abgelehnt, ergibt das Resultat 24 Opposi- 
tionelle gegen 12 Ministerielle. 
25. „ Schmerling versammelt neuerdings ca. 100 Mitglieder des Abg.= 
Hauses bei sich und erklärt ihnen, daß die Regierung sowohl bez. 
des § 13 der Verfassung als bezüglich der Budgetabstriche für 1865 
auf ihrer Ansicht beharre. „Wolle der Reichsrath größere Abstriche 
beschließen, so werden die Minister sich veranlaßt sehen, Se. Mcj. 
zu ersuchen, nach Dero Weisheit das Weitere zu verfügen“. 
27—28. März. Reichsrath: Allgemeine Debatte des Abgeordn.-Hauses 
über das Budget für 1865. Die Nedner der Majorität erklären 
übereinstimmend, daß hinreichende Abstriche ungusweichlich seien, weil 
weder eine weitere Steuererhöhung noch eine weitere Inangriffnahme 
des öffentlichen Credits mehr möglich sei. Schmerling erklärt: daß 
thunlichst gespart werden müsse, darüber sei die Regierung mit dem Hause 
einig, nur über die Ziffer bestehe eine Differenz. Beide seien nicht 
gegenüberstehende Parteien, weil beide, wenngleich mit verschiedenen 
Mitteln, die Wohlfahrt des Landes anstreben, abgesehen von der 
Frage, ob in Oesterreich ein strengparlamentarisches Regime möglich 
und mit Majoritätsministerien zu regieren sei. In diesem Hause 
sehe er keine geschlossene Partei mit einem bestimmten Programm 
und mit Männern, welche geeignet seien, die Verwaltung weiter zu 
führen. Die Regierung halte es daher mit ihrem Gewissen für ver- 
einbar, trotz einiger gegen sie ausfallender Abstimmungen, dem Kaiser 
noch ferner zu dienen. 
29. „ Reichsrath: Budgetberathung des Abg.-Hauses, Debatte über die 
ausw. Angelegenheiten. Der Minister des Ausw. erklärt: „Nach dem 
in diesem h. Hause mit hinreichend düstern Farben entworfenen Bilde 
unserer innern Verhältnisse wird es für denjenigen, der mit der Lei- 
tung der ausw. Angelegenheiten betraut zu sein die Ehre hat, zur 
doppelt heiligen Pflicht, sein ganzes Bestreben der Erhaltung des 
Friedens zuzuwenden, dessen das Reich in jeder Hinsicht so bedürftig 
zu sein erscheint. Diesen Zweck wenigstens glaubt man nie aus den 
Augen verloren und gerade durch den von dem kais. Cabinet einge-