Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechster Jahrgang. 1865. (6)

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Oesterreich. 
p. Mensdorff nicht seine Besorgniß, der Triumph des revolutionären Princips 
in Italien möchte eine Drohung für den Tbron J. M. der Königin werden; 
diese Besorgniß gründe auf der Gefahr, die in einer Nachgiebigkeit gegen die 
in Europa sich krästig ausbreitenden Idcen liege, Ideen, von denen er fürchte, 
daß sie in Spanien nur zu sehr verbreitet seien. Nach diesen Betrachtungen 
und in Folge der Anerkennung Italiens durch Spanien Rellte der Herr Graf 
v. Mensdorsf die Frage auf, ob es nicht gegründet sei, die Angemessenheit 
eines Ackes zu bestreiten, der, indem er gewissermaßen die auf der italienischen 
Halbinsel vollzogenen Veränderungen sanctionire, die Parteien, die Aehnliches 
vorbereiteten, ermuthige, und ob es vorsichtig gewefen sei, die Achtung vor 
Grundsätzen zu schwächen, die nur zu sehr verkonnt seien, und die doch die 
sicherste Schutzwehr gegen anarchische Leidenschaften bildetlen“. 
21. Juli. Reichsrath: Das Abg.-Haus nimmt das Finanzgesetz für 1865 
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nach den Anträgen der gemischten Commission beider Häuser an. 
[Tinti meint: daß beide Häuser am besten thun würden, „vor der 
Hand“ den Standpunkt der Verfassung festzuhalten und sich enge 
an einander anzuschließen]. 
Erzh. Rainer wird durch kais. Handschreiben vom Präsidium des 
Ministerraths entbunden. 
„ Reichsrath: Das Herrenhaus erledigt das Finanzgesetz für 1865 
ebenfalls nach den Anträgen der gemischten Commission beider Häuser 
und geht über den Antrag des Grafen Leo Thun vom 7. d. M. 
zur Tagesordnung über. „Sollte darunter etwas anderes verstanden 
werden, als die schon empfohlene Vereinfachung des Geschäftsganges, 
so könnte nach dem Erachten der Commission das Herrenhaus die 
Behauptung erst dann zu der seinigen machen, wenn demselben über 
die Natur der für nothwendig erklärten Aenderungen nähere Auf- 
schlüsse gegeben worden wären“.] 
Die Staatsrechnung von 1864 weist hauptsächlich in Folge von 
Steuerrückständen eine Einnahme von fast 30 Mill. minder als bud- 
getirt war, auf. 
„ Reichsrath: Die Regierung zeigt belden Häusern den Schluß der 
Session auf den 27. d. M. an. Das Abg.-Haus beschließt, keine 
Sitzung mehr zu haltken. [Abg. Pratobcvera: „Ob und auf welche 
Weise wir uns in diesen Näumen wieder sehen werden, das weiß 
ich nicht, aber ich will es hoffen“.] — Eine auf den Abend dieses 
Tages beabsichtigte Versammlung von Abgeordneten, um gegenüber 
der unsichern Zukunft gemeinsame Stellung zu nehmen, kommt wegen 
Mangel an Theilnahme nicht zu Stande. 
„ Der Staatsrathspräs. Frhr. v. Lichtenfels wird auf sein Ansuchen 
in den Ruhestand versetzt. 
„ Schluß der Session des Reichsraths durch den Erzherzog Ludwig 
Victor. Thronrede: 
„. Vorab liegt mir ob, eine angenehme Pflicht zu erfüllen, indem ich 
für den patriotischen Eifer und die unermüdliche Thätigkeit, welche sowohl in 
den Ausschüssen als im Schvoße beider Häuser bei den Verathungen so vieler 
wichtiger Gegenstände zu Tage getreten sind, die volle Anerkennung unseres 
allergnädigsten Herrn und Kaisers auszusprechen habe. Wohlerkennend den