Amttika. 357
wieder ins Leben gerufen. Zu diesem Ende sind provisorische Gouverneure
für die Staaten ernannt, Conventionen einberufen, Gouverneure erwählt,
Legislaturen versammelt, und Senatoren und Repräsentanten für den Con-
greß der Vereinigten Staaten gewählt worden. Zugleich sind die Gerichts-
höfe der Vereinigten Staaten, wie weit es thunlich war, wieder eröffnet wor-
den, so daß die Gesetze der Vereinigten Staaten durch ihre Vermittlung zur
Geltung gebracht werden können. Die Blokade ist beseitigt, die Zollämter
in den Importhäsen wieder eingerichtet worden, so daß die Erhebung der
den Vereinigten Staaten zustehenden Gefälle möglich ist. Während so
die Gerichtshöfe der Person und dem Eigenthum Sicherheit gewähren,
und die ECröffnung der Häfen zur Wiederaufnahme des Gewerbsbe-
triebs und des Handels einlädt, erleichtert das Postamt von neuem den ge-
selligen wie den geschäftlichen Verkehr. Und ist es nicht ein Glück für uns
Alle, daß die Erneuerung dieser Functionen der allgemeinen Regierung einen
Segen für die Staaten mit sich fübrt2 Verspricht es uns nicht neue Ein-
tracht und neue Liebe zur Union, daß nach allem was geschehen, die Rück-
kehr der allgemeinen Regierung nur als eine Wohlthat anerkannt wird?7
„Ich weiß sehr wohl, daß diese Politik mit einiger Gefahr verbunden
ist; daß sie, um zum Ziele zu gelangen, mindestens der stillschweigenden Er-
gebung der Staaten bedarf, auf welche sie sich erstreckt; daß sie eine Auffor-
derung an jene Staaten in sich birgt, durch Erneuerung ihrer Unterorbnung
unter die Vereinigten Staaten ihre Functionen als Staaten der Union
wieder aufzunehmen. Doch es ist eine Gefahr, der man sich nicht entziehen
kann; in der Wahl der Schwierigkeiten ist es die geringste Gefahr; und um
die Gefahr zu vermindern, oder wo möglich zu beseitigen, habe ich es für
meine Pflicht erachtet, eine andere Befugniß der allgemeinen Regierung aus-
zunben — das Begnadigungsrecht. Da kein Staat für das Verbrechen des
Verraths eine Verthcidigung vorbringen kann, so sleht das Begnadigungs-=
recht ausschließlich der executiven Regierung der Vereinigten Staaten zu. In
der Ausübung dieses Rechts habe ich alle Vorsicht angewandt, es mit der
klarsten Anerkennung der bindeunden Gewalt der Gesetze der Vereinigten
Staaten und mit der vollsten Würdigung der aus dem Krieg hervorgegan-
genen großen socialen Veränderung in Bezug auf die Selaverei in Verbin-
dung zu setzen.“
Amendirung der Verfassung. „Mein nächster Schritt zur Wieder=
herstellung der verfassungsmäßigen Beziehungen der Staaten war elne Aus-
forderung an sie zur Betheiligung an dem großen Werke der Verfassungs-
amendirung. Jedes Patrioten Wunsch muß es sein, daß eine allgemeine
Amnestie gewährt werde, sobald dieß mit der öfsentlichen Sicherheit verein-
bar ist. Zu diesem großen Ziel bedarf es der Mitbethätigung aller An-
sichten und des Geistes der Versöhnlichkeit. Alle Parteien, welche in dem
furchtbaren Kampfe zu Tage traten, müssen nun in Eintracht zusammenwir-
ken. Im Namen des ganzen Volks darf man wohl das Verlangen stellen,
daß einerseits der Reconstruetionsplan weitergeführt werde in Gemäßheit der
Bereitwilligkeit, mit welcher die Wirren der Vergangenheit der Vergessenheit
übergeben werden, und daß andrerseits die Aufrichtigkeit des Strebens nach
künstiger Aufrechthaltung der Unien durch die Bestätigung des vorgeschlagenen
Amendements zur Verfassung, welches die Sclaverei innerhalb unserer Grän-
zen auf ewige Zeiten abgeschafft erklärt, außer Zweifel gesetzt werde. So-
lange die Annabme dieses Amendements hinausgeschoben bleibt, so lange
wird Zweifel, Eifersucht und Unsicherheit herrschen. Dieß ist die Maßregel,
welche die traurige Erinnerung an die Vergangenheit auelöschen wird; dieß
die Maßregel, welche am sichersten Einwanderung, Capital und Sicherheit
jenen Theilen der Union zuführen wird, welche deren am meisten bensthigt
sind. In der That, von den Staaten, welche nun ihre Stelle in der Familie
der Union wieder einzunehmen im Begrifse stehen, darf man wohl verlangen,