Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechster Jahrgang. 1865. (6)

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trauen darauf, daß jene Sache auf diesem Festlande durch den Einfluß ma- 
terieller und moralischer Ursachen siegen werde, um den Stand der Dinge, 
den wir vorfanden, bestehen zu lassen, während unsere Republik ihre Gestalt 
annahm und sich entwickelte. Andererseits haben wir stets behauptet und 
müssen nach wie vor behaupten, daß das Volk eines jeden Stagtes auf dem 
amerikanischen Festlande das Recht besitzt, sich, wenn es ihm gutdünkt, eine 
republikanische Regierungssorm zu verschaffen, und daß eine Einmischung 
fremder Staaten, um es an dem Genuß solcher mit Ueberlegung gewählter 
Institutionen zu hindern, ein Unrecht und in ihren Wirkungen der in den 
Vereinigten Staaten bestehenden freien und volksthümlichen Regierungsform 
antagonistisch ist. Wir würden es für unrecht und unweise holten- wenn 
die Vereinigten Staaten den Versuch machen wollten, monarchische Regier- 
ungen in Europa mit Gewalt zu stürzen, um republikanische Institutionen 
an ihre Stelle zu setzen. Es scheint uns eben so tadelnswerth, 
wenn europäische Staaten sich gewaltsam in Staaten auf 
dem amerikanischen Festlande einmischen, um republikanische 
Institutionen umzustürzen und durch Monarchien oder Kai- 
serreiche zu ersetzen. Nachdem ich somit unsere Stellung freimüthig 
dargestellt habe, überlasse ich die Frage Frankreich zur Erwägung, aufrichtig 
hoffend, daß diese große Nation es mit ihren besten Interessen und ihren 
hohen Ehren vereinbar finden möge, sich binnen einer gelegenen und 
billigen Frist aus ihrer aggressiven Haltung in Mexico zu- 
rückzuziehen und dem megxicanischen Volke den freien Genuß der repu- 
blikanischen Regierungsform zu gönnen, die es sich selbst begründet hat; daß 
es dieser Form getreu anhängt, davon hat es, wie es der Regierung der 
Vereinigten Staaten scheint, entschiedene, bündige, sowie sehr rührende Be- 
weise gegeben. Ich neige mich um so mehr dazu, eine solche Lösung der 
Schwierigkeit zu hofsen, weil, so oft während der letzten vier Jahre ein 
amerikanischer Staatsmann oder nur ein amerikanischer Bürger die Frage 
aufwarf, welches Land in Europa dasjenige sei, das am Schwerlichsten eine 
Entfremdung der Freundschaft der Vereinigten Staaten erleiden würde, so- 
gleich immer die Antwort lautete: Frankreich. Die Freundschaft mit Frank- 
reich hat dem amerikanischen Volke stets wichtig geschienen und ist ihm stets 
besonders angenehm gewesen. ZJeder amerikanische Bürger hält sie für eben 
soo wichtig und wünschenswerth in der Zukunft, wie in der Vergangenhdeit. 
Der Präsident wird sich freuen, zu hören, welche Aufnahme diese Vor- 
schläge beim Kaiser finden." 
12. Dec. In beiden Häusern wird gleichlautend eine Resolution betr. 
13. 
Mexico eingebracht und an die Ausschüsse für auswärtige Angelegen- 
heiten verwiesen: 
„1) Wir blicken auf die gegenwärtige Lage der Dinge in der Republik 
Mexico mit tiefer Theilnahme (profound solicitude). 2) Der Versuch, eine 
der amerikanischen Republiken durch eine auswärtige Macht gewaltsam zu 
zerstören, und auf ihren Trümmern eine nur durch europkäische Bajonnctle 
aufrecht erhaltene Monarchie zu errichten, steht im Widerspruch mit der oft 
verkündeten Politik der Vereinigten Staaten, ist unserm Volk in hohem Grad 
zuwider (offensive) und ein Attentat auf den Geist unserer Staatseinricht- 
ungen. 3) Der Präsident wird ersucht, in dieser wichtigen Angelegenheit 
Schritte zu thun, um die anerkannte Politik unserer Republik zu vindiciren, 
um die Ehre und Interessen derselben in Kraft zu setzen." 
Beide Kammern beschließen überdieß, die Vorlage sämmtlicher 
Actenstücke bez. Mexico zu verlangen. 
„ Auch der Senat genehmigt den Antrag auf Einsetzung einer ge- 
mischten Commission beider Häuser bezüglich Zulassung von Ver-