Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechster Jahrgang. 1865. (6)

74 Deutschland. 
12. Mai. (Oesterreich). Depesche an Preußen: Oesterreich zieht seinen 
Vorschlag einer vorherigen Berufung der Stände von 1854 zurück, 
hält dagegen an der Anwendung des Wahlgesetzes von 1848 fest. 
„ „ (Hannover). Die II. Kammer beschließt mit allen gegen 7 Stim- 
men, von der Regierung die endliche Publication der (von der Re- 
gierung selbst vorgeschlagenen und von beiden Kammern im vorigen 
Jahre genehmigten) modificirten Wahlgesetze zu verlangen. 
„ „ (Baden). II. Kammer: Debatte über die Reorganisation der 
I. Kammer. Commissionalbericht Häussers. Die Anträge der Com- 
mission werden angenommen und da diese in mehreren Puncten von 
den Vorschlägen der Adresse der I. Kammer abweichen, so ist der 
Beitritt zu dieser Adresse von der II. Kammer als abgelehnt zu 
betrachten. · 
13. „ (Bayern). II. Kammer: Vor dem Eintreten in die Ausschuß- 
anträge bez. Reform der Militärjustiz gibt der Kriegsminister die 
Erklärung ab, 
„daß Se. k. Maj. den bisherigen Zustand der Militärstrafrechtspflege als 
einen verfassungsmäßigen erkennen, gleichwohl aber aus freier k. Ent- 
schließung allergnädigst anzuordnen geruht haben, daß die bei den Militär- 
gerichten zur Anwendung kommenden Vorschriften über Strafrecht und Straf- 
verfahren, somit unter Ausschluß jener bezüglich der Disciplinarsachen, für 
die Folge durch Gesetz festgestellt werden; ferner daß Se. k. Majestät zur 
Vollziehung dieses Allerhöchsten Entschlusses das Kriegsministerium mit Aus- 
arbeitung der betreffenden Gesetzentwürfe, welche dem Landtage vorgelegt 
werden sollen, allergnädigst beauftragt haben, dagegen aber an dem in Tit. 
IX. § 7 der Verfassungsurkunde ausgesprochenen Grundsatze, wonach Militär- 
personen in Dienstsachen, dann wegen Vergehen und Verbrechen unter der 
Militärgerichtsbarkeit stehen, auch fernerhin fest zuhalten geruhen." 
Der Antrag des Ausschusses wird in Folge dieser Erklärung an 
denselben zu weiterer Prüfung und Berichterstattung zurückgewiesen. 
— Völk und 59 Gen. interpelliren den Minister des Innern wegen 
seines Erlasses vom 4. Mai bez. der Landwehrfrage. 
„ „ (Baden). II. Kammer: Der Kriegsminister Ludwig verspricht 
den Entwurf einer neuen Militärproceßordnung und einen Gesetzes- 
entwurf zu Uebertragung der nicht-militärischen, gemeinen Vergehen 
und Verbrechen von Militärs an die bürgerlichen Gerichte. 
14. „ (Württemberg). Die I. Kammer geht über den Antrag Fetzer 
auf allgemeine Wehrpflicht ebenfalls zur Tagesordnung über. Re- 
ferat des General Baur für Beibehaltung der stehenden Heere und 
gegen das schweiz. Milizsystem. 
— „ (Bayern). Auch die Rechte der II. Kammer constituirt sich 
noch und erläßt ein Programm. 
15.—16. Mai. (Baden). II. Kammer: Nach zweitägiger Debatte über 
die Petitionen gegen das neue Schulgesetz wird mit allen gegen 2 
Stimmen über dieselben zur Tagesordnung geschritten. Die Regie- 
rung erklärt sich damit einverstanden. 
Erklärung des Gesammtministeriums: „Die eingekommenen Pe-