122 Preußen und der norddeutsche Bund.
werth anerkennen zu müssen geglaubt haben, Ihrerseits Alles gescheben ist,
was möglich war, und daß, wenn Sie gleichwohl in manchen Punkten nach-
geben mußten, Sie nichtsdestoweniger in der Verfassung des norddeutschen
Bundes, wie sie vorliegt, ein Werk erblicken, welches die im öffentlichen
Rechte Deutschlands durch die Auflösung des früheren deutschen Bundes ent-
standene Lücke ausfüllend, die Hoffnung der Nation begründet, daß die neue
Rechtsordnung von der starken Hand Sr. Maj. des Königs von Preußen
weise gehandhabt, zu einem kräftigen Schutz zunächst nach Außen, zugleich
aber auch gegen die inneren Gefahren, womit die destructiven Zeitströmungen
alle wahre Freiheit bedrohen, sich entwickeln, und mit dauerndem Erfolge
auch den materiellen Interessen der einzelnen Staaten zur Pflege und För-
derung gereichen wird.“
Mit 78 gegen 61 Stimmen wird beschlossen, die Vorlagen nicht
an eine Commission zu verweisen, sondern im Plenum zu berathen.
1. Juni. (Preußen). Das Herrenhaus ertheilt der neuen Verfassung
des norddeutschen Bundes einstimmig seine verfassungsmäßige Zu-
stimmung.
„ (Preußen). Ein hannover'scher Amtsgerichtsassessor wird vom
Justizminister Graf zur Lippe mit der „Verwaltung“ einer Kreis-
richterstelle in Preußen beauftragt.
„ (Preußen: Schleswig-Holstein). Der Senat von Altona erklärt
sich gegen eine Freihafenstellung der Stadt und für den Eintritt der-
selben in den Zollverein. ·
2.—4. Juni. (Mecklenburg). Debatten über Annahme oder Ableh-
nung der Verfassung des norddeutschen Bundes. Dieselbe wird
schließlich mit 106 gegen 16 Stimmen angenommen. Ein Antrag
auf Einleitung der nöthigen Schritte, damit auch Mecklenburg eine
den übrigen Staaten des norddeutschen Bundes analoge constitutio-
nelle Verfassung erhalte, wird „auf sich beruhen“ gelassen, d. h.
abgelehnt, worauf der Antragsteller bemerkt, es sei ihm das gleich-
gültig, da er der zuversichtlichen Hoffnung lebe, daß, wie es dem
deutschen Bundestage bereits geschehen, so auch über den mecklen-
burgischen Landtag die Geschichte demnächst trotz der Landtagsmehr-
heit zur Tagesordnung übergehen werde.
3. Juni. (Preußen: Frankfurt). Die Regierung octroyirt der Stadt
die preuß. Schlacht= und Mahlsteuer.
3.—4. Juni. (Zollverein). Ministerconferenz in Berlin. Abschluß
eines Präliminarvertrags behufs Erneuerung des Zollvereins im An-
schluß an den norddeutschen Bund. Die süddeutschen Staaten rati-
ficiren denselben, zuletzt nach einigem Zögern Bayern (s. Süddeutschl.).
4. Juni. (Sachsen.) Der bisherige Obercommandant der preußischen
Truppen in Sachsen, General v. Bonin, verläßt Dresden.
5. „ (Preußen: Hannover). In Folge der Eingabe der hannov.
Reichstagsmitglieder stellt die officiöse Prov.-Corresp. die Zuziehung
hannover'scher Vertrauensmänner für weitere Octroyirungen in
Aussicht.