Preußen und der norddeutsche Bund, 129
Die Verkündigung der Bundesverfassung wird unverweilt und gleichzeitig in
allen verbündeten Staaten erfolgen. Somit wird der nationalen Entwickelung
Deutschlands der neue Boden bereitet sein, den fruchtbringend zu machen sich
alle patriotischen Kräfte vereinigen werden. Das preußische Volk aber wird
auf die Neugestaltung Deutschland um so mehr mit Genugthuung blicken
können, als dieselbe den Keimen entsprossen ist, welche in Preußen in Ge-
meinschaft zwischen Fürst und Volk fort und fort gepflegt worden sind.
Während Norddeutschland nunmehr einen eng verschmolzenen Staatenverein
bilden wird, soll die nationale Gemeinschaft, welche zum Schutze deutschen
Gebietes bereits gesichert war, auch auf das wirthschaftliche Leben des deutschen
Volkes ausgedehnt, und der Zollverein, dessen Gründung einst den Beginn
der einheitlichen Entwickelung Deutschlands bezeichnete, mit den Lebens-
bedingungen des norddeutschen Bundes in Einklang gesetzt werden. Dank
der Mäßigung und Friedensliebe aller Mächte ist es gelungen, die friedliche
Entwickelung der europäischen Verhältnisse vor Störungen zu bewahren;
die freundschastlichen und vertrauensvollen Beziehungen zwischen Sr. Majestät
dem Könige und den Monarchen mächtiger Nachbarstaaten gewähren der all-
seitigen Zuversicht auf die Dauer eines segenbringenden Friedens ein gewich-
tiges Unterpfand. Der Wunsch und das Streben der Regierung Sr. Maj.
wird fort und fort darauf gerichtet sein, die Bedeutung und die Macht des
neu gekräftigten Staatswesens vornehmlich in der Sicherung der Segnungen
des Friedens zu bewähren.“
25. Juni. (Preußen). Eine kgl. Verordnung befiehlt die Einführung
des preuß. Strafrechts und des preuß. Strafverfahrens in den neu
erworbenen Landestheilen.
26. „ (Zollverein). Zusammentritt der Zollconferenz von Bevoll-
mächtigten sämmtlicher Staaten des Zollvereins in Berlin, um auf
Grundlage des Präliminarvertrages vom 4. Juni den Zollverein
definitiv wieder herzustellen.
„ (Preußen). Der erste Criminal-Senat des Obertribunals
erkennt in Folge Berufung der Oberstaatsanwaltschaft gegen die
freisprechenden Urtheile der beiden ersten Instanzen in den Prozessen
gegen die Abg. Frentzel (Kammerrede gegen den Polizei-Präsidenten
v. Maurach) und Twesten (Kammerrede gegen den Obertribunals-
Beschluß vom 29. Januar 1866) auf Vernichtung beider Erkennt-
nisse und Zurückweisung an die Gerichte erster Instanz zu noch-
maliger Verhandlung.
27. „ (Preußen). Eine k. Verordnung setzt für die neu erworbenen
Landestheile in Berlin ein Oberappellationsgericht ein, dessen spätere
Vereinigung mit dem Obertribunal einem besonderen Gesetze vor-
behalten wird. Das bisherige hannover'sche Oberappellationsgericht
zu Celle wird dadurch zum Appellationsgericht herabgesetzt.
28. „ (Schwarzburg-Rudolstadt). Fürst Friedrich Günther t.
Sein Bruder Albert (geb. 1798) folgt ihm.
30. „ (Preußen: Schleswig-Holstein). Die harten Maßregeln vom
29. Mai gegen die Familien der nach Dänemark geflüchteten Militär-
pflichtigen in Nordschleswig werden sistirt.
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