130 Preußen und der norddeutsche Bund.
— Juni. (Preußen und Weimar). Für die Ausführung der mit
dem 1. Oct. in Kraft tretenden Militärconvention zwischen beiden
Staaten wird in Berlin eine Reihe von Vereinbarungen getroffen,
denen auch die anderen sächsischen Herzogthümer so wie die Fürsten-
thümer Schwarzburg-Rudolstadt und Reuß j. u. ält. Linie beitreten.
Danach werden unter einstweiligem Verzicht auf Bildung der entsprechenden
thüringischen Cavallerieregimenter die bisherigen Contingente dieser Staaten
in drei. „thüringische Infanterieregimenter"“ umgebildet und zwar so, daß
Weimar ein, Coburg-Gotha und Meiningen ein, Altenburg und die Fürsten-
thümer zusammen ein Regiment bilden, welche die fortlausende Nummer der
norddeutschen Bundesarmee erhalten. Das Dislocationsrecht steht dem Bundes-
feldherrn zu, der dasselbe jedoch nur im Fall zwingender Umstände ausüben
will. Die zur Cavallerie ausgehobenen Wehrpflichtigen dienen einstweilen,
wenn der Bedarf es fordert, in nächstgelegenen preußischen Truppentheilen,
ebenso dauernd die für die Jäger, Artillerie, Pioniere und Train Ausgehobenen.
Preußen bildet die Landwehr= und Aushebungsbezirke und besorgt das
Aushebungsgeschäft in Verbindung mit den Landesbehörden. Die ausge-
hobenen Wehrpflichtigen, auch wenn sie in preuß. Regimentern dienen, leisten
ihrem Landesherrn den Eid und verpflichten sich zum Gehorsam gegen den
Bundesfeldherrn. Die Unisorm und die Ausrüstung sind die preußische. Die
Stellung der Landesfürsten zu den in ihrem Gebiet dislocirten Truppen ist
die eines commandirenden Generals; dem König von Preußen steht das Be-
gnadigungsrecht zu. Die preußischer Seits geeignet befundenen Offiziere
treten, wenn sie es wünschen, in die preußische Armee unter Belassung ihrer
Charge, und damit in den preuß. Unterthanenverband. Sie leisten dem
König den Fahneneid und verpflichten sich mittelst Handgelöbnisses das Wohl
und Beste des betreffenden Landesherrn zu fördern, Schaden und Nachtheil
aber von demselben und dem Land abzuwenden. Die Ernennung und Ver-
fetzung der Offiziere steht dem König von Preußen zu. Jeder Thüringer
kann in jedem beliebigen preuß. Truppentheil und ebenso jeder Preuße in
den thüringischen Contingenten seine Militärpflicht erfüllen, wie auch bei den
Offizieren beliebige Versetzungen statt finden.
„ (Coburg-Gotha). Zwei Flugschriften: „Was soll aus dem
Herzogthum Coburg werden? Ein Beitrag zur Beleuchtung klein-
staatlicher Verhältnisse“, und das Gegenstück dazu: „Was soll aus
Gotha werden? Auch ein Beitrag zur Beleuchtung kleinstaatlicher
Verhältnisse“ gelangen beide, wenn auch auf theilweis abweichenden
Wegen der Entwicklung, zu dem Schluß: beiden Ländern sei bei
den neuerdings ihrer harrenden, schier unerschwinglichen Kriegslasten
nur durch einen raschen Anschluß an Preußen zu helfen. Die
Coburger Schrift protestirt außerdem noch lebhaft gegen den Ge-
danken einer vollständigen staatlichen und administrativen Vereinigung
Coburgs mit Gotha, welche doch nur eine überflüssige, kurze Durch-
gangsstufe zur Einverleibung in das Königreich Preußen, die un-
ausbleiblich, bilden würde.
1. Juli. (Norddeutscher Bund). Mit Ausnahme einiger weniger
der Kleinstaaten, in denen die landständische Zustimmung noch aus-
steht, tritt die Bundesverfassung im ganzen Umfange des Bundes in
Kraft.