Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

 
142              Preußen und der norddeutsche Bund. 
anderer Grundlage als mit den angeführten Staaten, eine Militär- 
Convention mit Darmstadt abgeschlossen worden. 
Die Conventionen zer allen in solche, bei welchen die betreffenden Staaten 
von der Stellung eines eigenen Contingents ganz absehen und ihre militärtsche 
Leistung einfach an Preußen übertragen, und in solche, bei welchen die be- 
tressenden Staaten die eigene Contingentsstellung als Bestandtheil des nord- 
deutschen Bundesheeres aufrecht erhalten. Zu diesen letzteren Staaten gehören 
die sieben thüringischen: Sachsen-Weimar, Meiningen, Coburg-Gotha und 
Altenburg, Schwarzburg-Rudolstadt und die beiden Reuß, welche zusammen 
3 Infanterie-Regimenter aufbringen, wie Anhalt, dessen Militär-Contingent 
auf 1 Infanterie-Regiment bemessen ist. Jene anderen Staaten dagegen sind: 
Oldenburg, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe, Schwarzburg-Sondershausen, 
Bremen, Lübeck und Hamburg, wozu Waldeck mit Abschluß seiner Conven- 
tion hinzutreten wird. Von den Truppen dieser Contingente treten das 
Infanterie= und das Dragoner-Regiment Oldenburg nebst den beiden olden- 
burgischen Batterien in die preußische Armee über, und die vier Bataillone 
und zwei Escadrons der Hansestädte sind aufgelöst worden, um durch neue 
preußische Truppenbildungen ersetzt zu werden. Die beiden ehemals hambur- 
gischen Escadrons werden zu diesem Behuf mit dem nur drei Escadrons 
starken oldenburgischen Dragoner-Regiment vereinigt werden, die Infanterie 
der Hansestädte bildet dagegen ein neues, nunmehr preußisches Infanterie- 
Regiment. Ebenso werden die Contingente der vorgenannten kleinen Staaten 
zusammen ein neues Infanterie-Regiment formiren. Die drei resp. vier 
Regimenter treten in allen Einzelnheiten auf preußischen Fuß, die Infanterie 
per Regiment à 3 Bataillone zu je 4 Compagnien, das Cavallerie-Regiment 
à 5 Escadrons. Dasselbe gilt auch von den 3 thüringischen Regimentern 
und dem anhaltischen Regiment. Die Unisorm bei allen diesen Truppen ist 
genau der preußischen nachgebildet, dagegen verbleiben ihnen die bisher ge- 
führten Fahnen, wosern die einzelnen Contingente nicht als solche in der 
neuen Organisation überhaupt zu existiren aufhören. Als sonstige Unter- 
scheidungszeichen führen das 1. thüringische Infanterie-Regiment (Weimar) 
und das anhaltische Regiment, wie die ehemals oldenburgischen Truppentheile, 
den Anfangsbuchstaben ihres Landesherrn auf den Achselklappen und das 
Wappen ihres Landes als Helmzierde. Die Offiziere tragen am Helme neben 
der Landes= die preußische Cocarde, ebenso leisten sie dem Könige von Preußen 
den Fahneneid. Die silberne Schärpe und das silberne Portepee enthalten 
die norddeutschen stalt der preußischen Farben (die erste Anwendung der 
norddeutschen Farben auf das preußisch -norddeutsche Militärwesen). Den 
Angehörigen aller dieser Staaten steht es frei, bei ihren resp. Contingenten 
oder auch bei preußischen Truppen ihrer Dienstpflicht zu genügen. Die 
Conventionen gelten zugleich in allen dabei in Betracht kommenden Punkten 
für die Reserven und Landwehren dieser Contingente. Die Aushebung wird 
überall von Preußen übernommen, und die zum Dienst bei den Special- 
waffen tauglich besundenen Mannschaften werden vorläufig bei preußischen 
Truppemheilen eingestellt. Für später bleibt die Errichtung von zwei thü- 
ringischen und einem im Anhaltischen garnisonirenden Cavallerie-Regiment 
vorbehalten, wie wahrscheinlich auch die von besonderen Specialwaffen. Vor- 
läufig sind alle diese Conventionen, mit Ausnahme derer mit den Hanse- 
städten, welche keine genaue Zeitbestimmung enthalten, auf sieben Jahre ab- 
geschlossen. Vertragsmäßig müssen nach Hamburg zwei preußische Bataillone, 
nach Bückeburg ein Jäger-Bataillon und nach Detmold, Sondershausen, 
Bremen und Lübeck je ein Infanterie-Bataillon in Garnison gelegt werden. 
Die Verlegung der Contingents-Truppen nach beliebigen Garnisonen, in wie 
außer den Grenzen des Gebietes ihres Landesherrn, bleibt übrigens allein 
der Entschließung des obersten Kricgsherrn, des Königs von Preußen, vor-
	        
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