Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

           Preußen und der norddeutsche Bund.                            145 
der nationalen Beziehungen zwischen dem Süden und dem Norden Deutsch- 
lands auch in Zukunft bereitwillig entgegenkommen, aber wir werden die 
Bestimmung des Maßes, welches die gegenseitige Annäherung inne zu 
halten hat, jeder Zeit der freien Entschließung unserer süddeutschen Ver- 
bündeten überlassen. Diesen Standpunkt glauben wir um so ruhiger fest- 
halten zu dürfen, als wir in den gegenwärtig bestehenden vertragsmäßigen 
Beziehungen zwischen dem Norden und dem Süden Deutschlands, wie sie in 
den abgeschlosenen Bündnissen und in der Vervollständigung des Zollvereines 
sich darstellen, eine rechtlich und thatsächlich gesicherte Grundlage für 
die selbstständige Entwicklung der nationalen Interessen des deutschen Volkes 
erblicken. Euer Exelenz. ersuche ich, Sich in diesem Sinne gegen die dortige Regierung 
auszusprechen, und ermächtige Sie auch zur Vorlefung dieses Erlasses.“ 
9. Sept. (Waldeck). Wiederzusammentritt des Landtags. Eröffnungs-= 
 
rede des Ministers: 
„Nachdem von den Herren Ständen die Zustimmung zur Annahme der 
Verfassung des norddeutschen Bundes in der Sitzung vom 22. Juni d. J. 
umer der Bedingung erklärt war, daß zwischen der königlich preußischen und 
der hiesigen Staats-Regierung ein Vertrag zu Stande komme, wodurch die dies- 
seitigen Staatsangehörigen vor Ueberbürdung bewahrt würden, und nachbem 
der ständische Beschluß, in das Sitzungs-Protokoll eine Bemerkung aufzu- 
nehmen, durch welche die gestellte Bedingung als eine suspensive bezeichnet 
werde, in Folge der reglerungsseitig abgegebenen Erklärung, daß die Publi- 
cation der Bundesverfassung bei den vorliegenden Umständen alsbald bewirkt 
werden müsse, durch weiteren ständischen Beschluß zurückgenommen war, 
haben Se. Durchlaucht der Fürst, in der begründeten Ueberzeugung, daß ein 
der ständischen Intention entsprechender Vertrag ohne allen Zweisel zu Stande 
kommen werde, die Verfassung des norddeutschen Bundes publiciren lassen. 
. .Hiernächst ist sodann wegen Uebertragung der Verwaltung der Fürsten- 
thümer Waldeck und Pyrmont an die Krone Preußen zwischen den von 
Sr. Majestät dem Könige von Preußen und Sr. Durchlaucht dem Fürsten 
dazu ernannten Commissarien auch ein Vertrag, der die von den Herren 
Ständen gestellte Bedingung erfüllt, abgeschlossen und von den gedachten 
Souverainen ratificirt worden.“ 
„ (Luxemburg). Die Räumung der Festung ist vollzogen, die 
letzten Preußen ziehen ab. 
10. „ (Norddeutscher Bund). Eröffnung des Reichstags. Thron- 
rede des Königs von Preußen: 
„Bei dem Schlusse des ersten Reichstages des norddeutschen Bundes konnte 
Ich die Zuversicht aussprechen, daß die Volksvertretungen der einzelnen 
Bundesstaaten dem, was der Reichstag in Gemeinschaft mit den Regierungen 
geschaffen hatte, ihre verfassungsmäßige Anerkennung nicht versagen würden. 
Es gereicht Mir zu großer Genugthuung, Mich in dieser Zuversicht nicht 
getäuscht zu haben. In allen Bundesstaaten ist die Verfassung des nord- 
deutschen Bundes auf verfassungsmäßigem Wege Gesetz geworden. Der 
Bundesrath hat seine Thätigkeit begonnen und somit kann Ich heute in 
Meinem und Meiner hohen Verbündeten Namen mit freudiger Zuversicht 
den ersten, auf Grund der Bundesverfassung versammelten Reichstag will- 
kommen heißen. Für die Ordnung der nationalen Beziehungen des Bundes 
zu den süddeutschen Staaten ist unmittelbar nach Verkündung der Bundes- 
verfassung ein wichtiger Schritt geschehen. Die deutsche Gesinnung der ver- 
bündeten Regierungen hat für den Zollverein eine neue, den veränderten 
Verhältmissen entsprechende Grundlage geschaffen und dessen Fortdauer gesichert. 
Der deßhalb abgeschlossene, von dem Bundesrathe genehmigte Vertrag wird 
                                                                                         10
	        
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